Vor 40 Jahren brachte Porsche auf Basis eines 911 den vielleicht extremsten GT-Renner der Motorsportgeschichte. Nun ist der Moby Dick genannte 935 zurück - mit 700 PS.
Stuttgart – Wal, da bläst er! Vor der Rennsaison 1978 wurde ein 911 Turbo zum vielleicht extremsten Modell in Porsches Motorsport-Historie. Der breite 935/78 ist heute ob seiner opulenten Formen und der weißen Grundfarbe als „Moby-Dick“ bekannt - benannt nach dem weißen Wal aus dem Roman von Herman Melville. Porsches Sportwagen hätte in Le Mans Prototypen versägen können, die GT-Konkurrenz sowieso - hätte die Technik durchgehalten. Die Liste internationaler Erfolge blieb kurz. Für den ewigen Legendenstatus reichen Optik, Leistungsdaten und die Gewissheit, dass 1978 eigentlich weit mehr gegangen wäre. Moby Dick ist der eigenen Racing-Glorie absolut würdig. Im 70. Jahr der Sportwagen-Fertigung legt Porsches Motorsport-Abteilung diesen 935 nun neu auf. 77 Rennfahrzeuge ohne Straßenzulassung entstehen. Für Clubsport-Rennen, private Trainingstage oder (hoffentlich nicht) Sammler-Garagen. Zerschneiden wir einen Turbo-Porsche Darüber zog man eine Haut aus Kohlefaser. So ähnlich ging man bei der Rennwagen-Reihe 935 bereits seit 1976 vor, doch derart wuchtig geriet kein anderer GT-Porsche der 70er-Jahre. Am deutlichsten unterscheidet sich der originale Moby Dick durch das lange Heck von seinen Vorgängern aus dieser Epoche. Das neue, 4,87 Meter lange Retro-Modell übernahm Mobys Formensprache. Daneben zitiert es weitere Rundstrecken-Specials der Marke. Die LED-Rückleuchten könnte man vom modernen Le Mans-Prototypen und aktuellen Rundenrekord-Jäger Porsche 919 Hybrid kennen, die Außenspiegel trägt auch der aktuellen GT-Racer 911 RSR. Ähnliche Abgas-Endrohre aus Titan verbaute Porsche erstmals Ende der 60er-Jahre beim 908. Details, die wohl allenfalls Tourguides des Werksmuseums auf Anhieb erkennen. Für alle anderen ist dieses Auto zumindest eines: Ein verdammt schnelles, verdammt starkes Retro-Modell. Historisch einigermaßen korrekt: Der GT2 RS als Basis Damit ist die Neuauflage von 2018 historisch einigermaßen korrekt. Auch hier stammen Aggregat und viele technische Komponenten von einem scharfen, aktuellen Turbo-Elfer. Präziser: Dem schärfsten. Der neue Wal basiert auf einem 911 GT2 RS. Der bekannte 3,8-Liter-Sechszylinder-Biturbo leistet unverändert 700 PS, ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe leitet die Kraft an die Hinterräder. Mit Schalensitz und Sicherheitszelle Im Dach verbaut Porsche eine Bergungsluke, der Fahrgastraum wird von den Rohren einer verschweißten Sicherheitszelle durchzogen. Eine Schnellhebe-Anlage stellt den Porsche auf drei Standfüße, sobald die Boxencrew die Druckluft anschließt. Der Pilot sitzt in einem Rennhocker mit 6-Punkt-Hosenträgergurt. Vor ihm befindet sich ein Carbon-Lenkrad mit dahinterliegenden Schaltwippen. Das digitale Display mit Data-Logger wird von zwei Rund-Instrumenten flankiert – einer Ladedruck-Kontrolle sowie einer Stoppuhr. An der Mittelkonsole kann der Fahrer zwischen fünf Fahrmodi wählen, die Auswahl reicht beim Stabilitätsprogramm PSM von „Übermutter“ bis "Rabenmutter". Außerdem lässt sich die Bremskraftverteilung zwischen vorderen (380 Millimeter Durchmesser) und hinteren (355 Millimeter) Bremsscheiben über ein Wagbalken-System justieren. Der aktuelle 935 steht auf 18-Zöll-Felgen mit Zentralverschluss, darum wickeln sich Michelin-Reifen. 791.948 Euro für eines von 77 Exemplaren Der echte Moby Dick war 1978 in der Top-Variante erst gar nicht für Kunden erhältlich. Das ist der Hauptgrund für die überschaubare Zahl an Erfolgen: Porsche wollte Privatteams mit geringfügig langsameren Kunden-Modellen oder älteren 935 keine Punkte in den Sportwagen-Meisterschaften wegnehmen. Vor dem bedeutenden Einsatz in Le Mans war man in jenem Jahr werksseitig nur bei den 6-Stunden von Silverstone im Einsatz. Jochen Mass und Jacky Ickx brannten der Konkurrenz knapp 2 Sekunden pro Runde auf, gewannen die Generalprobe überlegen. In Le Mans selbst war zumindest das Qualifying einer späteren Legende würdig. Rolf Stommelen und Manfred Schurti lagen in den Top 3, inmitten der Autos aus den stärkeren Prototypen-Klassen. Zur Einordnung: Heute verlieren GT-Teams pro Umlauf mehr als 30 Sekunden auf die schnellsten Flundern. Ins Ziel kam Moby nach technischen Problemen nur auf Rang acht. Der Sieg ging an Didier Pironi Jean Pierre Jaussaud. Wohlgemerkt: Deren Renault Alpine A442B brachte es bislang nicht zu einem Retro-Ableger. Am stärksten in Erinnerung blieb aus jener Rennsaison eben Porsches weißer Wal. |
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