Auf manchem Händler-Kiesplatz stehen besondere Fundstücke. Einige davon stellen wir Euch auf MOTOR-TALK vor. Diesmal ein BMW 328i E36 Cabrio - unverbastelt, also selten.
Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Von Haiko Prengel Berlin - Auch unter automobiler Massenware findet sich manchmal ein Exot. Fast schüchtern steht er auf dem Kiesplatz, ein BMW 328i der Baureihe E36. Millionenfach wurde der 3er in den Neunziger Jahren gebaut, bis heute prägt er das Straßenbild – vor allem als abgenudelte Alltagskarre. Was also soll an dem Wagen so besonders sein, den ein Händler aus Berlin-Lichtenrade bei mobile.de anbietet? Dass es ein Cabriolet ist? Das auch. An heißen Sommertagen mit einem Youngtimer-Cabrio durch die Straßen zu cruisen, macht einfach Spaß. Die größten Vorzüge aber liegen unter der Haube: 193 PS und ein Reihensechszylinder, wie sie heute nicht mehr gebaut werden sitzen da. Ohne Turbo, ohne Kompressions- oder sonstigen Tuning-Schnickschnack. Sondern knapp 200 ehrliche Pferdestärken aus einem Saug-Sechsender, ein seidenweiches und bärenstarkes Aggregat. „Das ist die beste Maschine“, meint Händler Burhan Aslan, als er den Zündschlüssel rüberreicht. Die roten Kennzeichen sind schon montiert. Vor der Probefahrt muss noch das Hardtop runter. Dafür braucht man zwei Personen. Aber an einem sonnigen Augustnachmittag will man offen durch die Hauptstadt cruisen. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK BMW 328i Cabrio: Landstreicher und KurvenräuberOder besser gesagt aus der Hauptstadt heraus. Aslans Kfz-Handel in Lichtenrade liegt direkt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, kurz aufs Gaspedal gedrückt und man ist praktisch schon im Nachbarland Brandenburg. Die Mark ist bekannt für ihre Alleen mit satt belaubten Bäumen. Ideales Terrain für einen Landstreicher und Kurvenräuber wie den 328i, Erstzulassung 1995. Der 328i war damals das stärkste Auto in der 3er-Familie, nur übertroffen vom M3. „BMW Pur“ sagen viele über das Fahrgefühl im E36. Die Baureihe wurde damals wegen ihrer Agilität gerühmt. Es ist eine Freude, wie der 3er die Kurven nimmt. Da wirkt nach mehr als 20 Jahren noch alles steif, die Lenkung ist schön direkt und bei höheren Geschwindigkeiten klebt das flotte Cabriolet in der Spur. Der Sound des M52-Aggregats ist eine Wucht. Ganz ohne Soundchips oder Resonanzrohre. Die Automatik stört ein wenig. Ein Handschalter passt besser zu diesem Auto und macht mehr Spaß. Lahm ist der 328i mit Automatik nicht. In etwas mehr als acht Sekunden sprintet das Cabrio von Null auf Hundert. Um hochgezüchtete Vertreter-TDIs beim Ampelrennen zu schlagen, reicht das. Aber will man das? Lässig herumzucruisen passt besser zum Cabrio. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Viele E36 wurden verheizt und verbasteltDas sahen viele E36-Fahrer anders. Der 3er der Neunziger wurde massenhaft verheizt. Im Alltag von Vielfahrern genauso wie von Leuten, die gerne schnelle, aber günstige Autos fahren. Die Preise für den E36 sind zwar nicht mehr im untersten Keller, aber vom Kultstatus seines Vorgängers E30 ist er noch weit entfernt. Auch E36 mit Sechszylinder sind nach wie vor für sehr wenig Geld zu haben, das lockt eine Klientel an, die vielleicht noch den Kaufpreis aufbringen kann, aber nicht das Geld für regelmäßige Inspektionen. Die Folge bei vielen Billig-E36 auf dem Markt: Wartungs- und Reparaturstau. Das 328i Cabrio aus Berlin wurde oft weitergereicht. Im Fahrzeugbrief stehen fünf Vorbesitzer. Reparaturbelege sind nicht vorhanden, der Bordcomputer mahnt im Display zur baldigen Inspektion. Immerhin seien Thermostat und Wasserpumpe gemacht worden – eine häufige Schwachstelle beim 328i, versichert Händler Aslan. Der Kilometerstand von 187.000 Kilometern sei auch nachvollziehbar. Er verkauft den Wagen im Kundenauftrag, für mehr Infos zum Wagen könne man den Vorbesitzer anrufen. Einige Schwachstellen finden sich so. Zm Beispiel die alten Reifen, die schon im letzten HU-Bericht moniert wurden. Die Schweller an der Fahrerseite wurden geschweißt, die Qualität der Nachlackierung ist so lala. Dazu kommen einige Dellen im Blech. Übliche Kampfspuren. Unschön ist, dass das automatische Verdeck nicht mehr vernünftig öffnet und schließt. Die Hand muss nachhelfen. Dafür gibt es zum Kaufpreis von 4.499 Euro ein Hardtop (Neupreis laut Händler Aslan früher etwa 1.500 Mark) dazu. Das macht den Wagen wintertauglicher und beschert einen günstigeren Versicherungstarif. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Der 328i ist auf dem Weg zum YoungtimerDie größte Stärke dieses 328i aber ist sein unverbastelter Zustand. Anders als viele andere E36 wurde hier nichts tiefergelegt oder breiter gemacht. Das Cabrio steht fast mauerblümchenmäßig auf seinen Original-Alus mit seinen für heutige Verhältnisse geradezu schmalbrüstigen 205er-Reifen. Das Auspuffrohr wirkt geradezu bescheiden gegen die heute üblichen Doppelfluter. Doch so ein 328i, der in nicht mehr allzu langer Zeit ein begehrter Youngtimer sein wird, muss nicht blenden. Er braucht nur so zu sein, wie er ist – ab Werk. Das reicht. Und die Automatik? Viele 3er-Puristen bestehen auf handgerührt. Dabei cruist es sich mit Automatik ziemlich angenehm. Händler Burhan Aslan, der früher selbst E36 fuhr, kann der Opa-Automatik einiges abgewinnen. „Das passt“, meint er. „Ab 40 sollte man ohnehin nur noch Automatik fahren.“ Im gesetzteren Alter werden sie (fast) alle ruhiger. Das BMW 3er E36 Cabriolet auf mobile.de Technische Daten: BMW 328i E36 Cabriolet (1995-2000)
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