Der BMW mit dem besten Sound hat keinen Sechszylinder, sondern einen Vierzylinder mit Turbolader. Leider wurden nur wenige davon gebaut. Unterwegs im 2002 Turbo von 1973.
Berlin – Manche Ersatzteile für Oldtimer gibt es weder für Geld noch mit viel Glück. Der KKK-Turbolader BLD des BMW 2002 Turbo gehört dazu. Haucht er seinen letzten Atemzug aus, regt sich im Auto der 1970er-Jahre nur ein laues Lüftchen. Nichts hat der Zweitürer dann von seiner Giftigkeit. Das soll nicht passieren. Also legt die BMW Classic Group einen neuen Turbolader für den alten Turbo auf. Bevor er in den Handel geht, muss er seine Dauerhaltbarkeit unter Beweis stellen. Die Klassikabteilung suchte einen willigen Fahrer, der die Legende für einige Kilometer auf der Autobahn schrubbt. Praktisch, ich wollte eh nach England, zum Goodwood Revival. Dort kämpfen einmal im Jahr auf der privaten Rennstrecke des Duke of Richmond historische Rennwagen von 1948 bis 1966 Seite an Seite um Positionen. Der BMW 2002 Turbo ist dafür zu jung, aber für die Anreise sicher besser geeignet, als die älteren Semester. Und er bekommt rund 800 Kilometer auf den Lader. BMW 2002 Turbo-Motor: Am Anfang hat der Lader Pause Die ersten Meter geht es vorsichtig voran. Bei rund 2.500 Touren rastet der nächste Gang ein, der Lader hat da noch Pause. Doch auch im reinen Saugbereich fängt der Motor leise an zu pfeifen, ändert die Frequenz mit der Drehzahl. In der ersten Autobahnauffahrt Richtung Belgien bekommt er den ersten Tritt: Langsam klettert die Drehzahl. Bis 3.500 Touren anliegen. Und ab geht’s. Der Lader drückt Luft in die Brennkammern, der Motor schickt Kraft an die Hinterräder, die sofort davon überwältigt werden. Kupplung treten, zackig Gegenlenken – zurück in die Spur. Lektion gelernt: Der BMW 2002 Turbo kommt früh quer, wenn man ihn lässt. Assistenzsysteme gab es damals keine. Der BMW fordert Respekt, er soll schließlich noch rund 800 Kilometer durch Belgien, die Niederlande und Frankreich bis nach England überstehen. Mit den vorgeschriebenen 130 km/h geht es über die Bahn. Der 2002 Turbo kann schnell nur laut Gangwechsel, der Motor schlürft und rauscht. Wenn’s schnell gehen soll, kann dieser BMW nicht leise. Der 2002 Turbo ist eine Provokation: klein, frech, stark und aggressiv, mit Spoilern vorne und hinten, mit angenieteten Radlaufverbreiterungen. Das war der Plan von BMW, als 1973 der 2002 Turbo vorgestellt wurde. Im gleichen Jahr wie die Ölkrise. Bis zum Serien-Posche 911 Turbo sollten noch zwei Jahre vergehen. BMW klebte zur Präsentation den Turbo-Schriftzug in Spiegelschrift an den Frontspoiler – jeder sollte schon im Rückspiegel lesen, was dort angeschossen kommt. Von Kriegsbemalung war die Rede, von Rowdytum und Provokation. Eine Legende war geboren. BMW 2002 Turbo: Technische Daten die sich tunen lassen Beim 2002 Turbo sorgte ein Regelventil im Turbolader dafür, dass der Ladedruck nicht über 0,55 atü (0,53 bar) stieg. Doch beim BMW 2002 Turbo war Tuning üblich. Leistungsfanatiker drehten an der Stellschraube im Motorraum, steigerten den Druck auf bis zu 0,9 bar, das brachte den Motor auf deutlich mehr als 200 PS. Das Viergang-Getriebe (optional gab es auch eines mit fünf Gängen) schaltet etwas störrisch, benötigt je nach Drehzahl viel Gefühl oder eine starke Hand. Und auch, wenn der Turbo im grünen Bereich hart antritt, im Vergleich zum 911 Turbo ist er fast sanft abgestimmt. Wer den Blick auf den Drehzahlmesser und die Ladedruckanzeige richtet, findet schnell Gefallen an der Kraftentfaltung. Einmal aus der Kurve kurz über den Scheitelpunkt, Pedal voll durchgetreten und der Turbo pfeift wie ein Teekessel. Die Tuningkisten in „The fast and furios: Tokyo Drift“ klingen dagegen wie billige Partytröten. Schon alleine deshalb bleibt das Radio aus. Die permanente Geräuschkulisse aus Pfeifen, Heulen, Rauschen und Zischen unterhält besser – auch über Stunden. Schalten, Gas geben, überholen – im 2002 werden auch gesetzte Fahrer zu halbstarken Führerscheinneulingen. BMW 2002 Turbo: Sein Wert stieg später Das bespoilerte Spaßauto mit dem turbodurstigen Verbrauch kam schnell in Verruf – unter 16 Litern war es kaum zu bewegen. Als im Herbst mit dem Jom-Kippur-Krieg der erste Ölpreisschock an die Tankstellen kam, hatte es der Turbo noch schwerer. Der vordere Schriftzug „2002 turbo“ in Spiegelschrift wurde nach den Diskussionen schon vor seiner Präsentation wieder entfernt – viele Besitzer klebten ihn wieder an. Nach nur 1.670 Fahrzeugen wurde der BMW 2002 Turbo schon 1974 wieder eingestellt. Wer einen besitzt, wird ihn so schnell nicht hergeben. Wer einen BMW 2002 Turbo kaufen will, muss viel investieren. Von den rund zehn bei mobile.de angebotenen Fahrzeugen sind nur fünf Originalfahrzeuge – zu Preisen ab 108.000 Euro. Aber vielleicht stehen ja noch ein paar versteckt in einer Garage, die nur auf einen neuen originalen Turbolader warten. Kleiner Tipp: Der kommt bald in Kleinserie und scheint zu halten. Die rund 800 Kilometer bis Goodwood hat er jedenfalls klaglos überstanden. BMW 2002 Turbo Technische Daten (1973-1974)
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