Leicht und stark genug: Der Up GTI soll heute das sein, was einst der Golf GTI war. Sagt VW. Wichtiger ist, was die Stoppuhr sagt. Rundenzeiten-Duell mit dem Golf II GTI.
Quelle: ausblenden I Marlene Gawrisch Most – An der Rennstreckeneinfahrt legt der VW UP GTI seinen Sensationsfaktor ab. Draußen, in der tempolimitierten Welt fallen tiefe Schürzen und große Räder am kleinsten VW auf. Dort zählt der Up mit 115 PS zu den aufregendsten Kleinstwagen am Markt. Beim Trackday in Most (CZ) kümmert das keinen. Hier bleiben Vertretern des Segments nur Statistenrollen. Der GT3-Boxencrew, die zu einem eintreffenden Up-Zwilling Skoda Citigo eilt, geht es nicht ums Auto. Bloß um die damit gelieferten Pizzen. Willkommen am unteren Ende der Nahrungskette. Dort wähnten Sportwagenfahrer auch die ersten VW mit GTI-Emblem in den 70er- und 80er-Jahren. Um dann auf der Rennstrecke verspeist zu werden, manchmal. VW bemüht beim sportlichsten Up den Vergleich mit dem ersten GTI, dem 110 PS starken Golf I 1,6 GTI ab 1976. Als Gegner akkurater ist der Golf II GTI 8V (ab 1985). Aus modellpolitischer Sicht, weil der Up nach dem Kleinstwagen Lupo GTI (ab 2000) ebenfalls der Zweite seiner Art ist. Und aus technischer Sicht, weil Leistung und Leergewicht hier enger beisammen liegen. Vor einem Jahr fuhren wir den 112 PS starken „Zweier GTI“ (Variante ohne Kat) bei gleichen Bedingungen (trocken, 7 bis 12 Grad, Sommerreifen) in Most. Damals blieb der Laptimer meist bei rund 2:12,00 Minuten stehen. Kann der Up da mithalten? VW Up GTI auf der Rennstrecke in MostQuelle: MSK Mödling Anbremsen auf die erste Kurve, eine Schikane: 164 auf 52 km/h, entnehmen wir später der Rundenzeit-App. Im Up lässt sich der vom Golf gewohnte Bremspunkt noch einige Meter weiter Richtung Kurve verschieben. Vorne verbaute Volkswagen groß dimensionierte Scheiben, hinten verzögern Trommeln. Ausreichend bei 1.070 Kilogramm Fahrzeuggewicht (inklusive Fahrer). Der Golf II ist mit Pilot an Bord rund 50 Kilogramm leichter. Die enge Links-Rechts-Kombination stellt ein Auto mit 2,41 Metern Radstand vor kein Problem. Wir bauen den rauen äußeren Curb in die Linie mit ein – die serienmäßigen EfficientGrip-Performance-Reifen von Goodyear werden den Tag nicht überleben. Sie treten die Heimreise im Fond an. Bei umgelegter Rückbank (959 Liter Volumen) passen die Sommerpneus der Dimension 195/40/17 mit etwas Schichtarbeit in den Gepäckraum. Auf einem Ikea-Parkplatz hat der 3,6 Meter kurze und 1,645 Meter schmale Up nur etwas zu suchen, wenn dort sonntags ein Club-Slalom steigt. Oder nur Kleinigkeiten transportiert werden müssen. Der Schleuderschutz ESP bleibt im Up GTI immer anNach einer langen Linkskurve tauchen wir ein in den selektivsten Teil der Strecke. In der schnellen Kombination wirkt der Up plötzlich wie ein stadtbekannter Raufbold im professionellen Boxring: Längst nicht mehr so hart, wie er sich auf der Straße immer gab. Nicken beim Verzögern, leichte Rollbewegungen am Eingang schneller Kurven. Trotzdem lässt sich der Up präzise durch die Wechselkurven scheuchen. Im Bereich um die Mittelstellung wirkt die Lenkung jedoch schwammig. Quelle: Volkswagen Eine Auswahltaste für verschiedene Fahrmodi gibt es im Up GTI nicht. Vor dem Schalthebel befindet sich ein Knopf mit dem ESP-Off-Symbol – verheißungsvoll, doch wirkungslos. Wir bemerkten nur, dass die City-Notbremsfunktion wegfiel. Das Stabilitätsprogramm bleibt immer an. Auf der Rennstrecke nervt das. Oder sagen wir: verlangt das nach einem eigenwilligen Fahrstil, um den Schwung nicht zu verlieren. Am Kurvenausgang offensiv aufs Gas, um dem System die Ernsthaftigkeit der Absicht zu offenbaren. Gleichzeitig nicht zu plump reinlatschen, um die Antriebs-Schlupfregelung vom Eingriff abzuhalten. Und ruhig lenken, dann sehen die elektronischen Helfer vieles entspannter. Korrigiert man nicht allzu panisch, toleriert das System sogar leichte Heckausbrüche. Die erleben wir im Up erst, als die geschundenen Vorderräder nach ein paar Turns mit den hinteren Pneus die Plätze tauschen. Mit gleichgutem Material an beiden Achsen verhält sich der kleinste GTI neutral bis dezent untersteuernd. VW Up vs. Golf II GTI Motor: Drei gewinntQuelle: Volkswagen Auf den folgenden Rechts- und Links-Knicks ist die direkte Linie die beste, hier ist man mit einem 115-PS-Fahrzeug bei trockenen Bedingungen stets klar unterhalb des Limits. Und ein paar km/h schneller als mit dem Golf II GTI 8V. Wie auf jedem anderen Vollgasstück der Strecke. Der aufgeladene 1,0-Liter-Dreizylinder im Up GTI scheint in dieser Konfiguration dem Vierzylinder-Sauger seines Urahns überlegen. Vor allem aus dem Drehzahlkeller. Das maximale Drehmoment von 200 Newtonmetern liegt von 2.000 bis 3.500 Umdrehungen konstant an, die Höchstleistung von 5.000 bis 5.500 Umdrehungen. Im Alltag kann man mit dem Fronttriebler untertourig dahingleiten, den Verbrauch knapp unterhalb der 6 Liter halten. Dann wirkt der über die Boxen eingespielte künstliche Motorsound richtig affig. Auf der Rennstrecke greifen wir knapp vor dem Drehzahlbegrenzer zum Schalthebel, bei rund 6.400 Umdrehungen. Damit passt der Anschluss im nächsten Gang. Die Schaltwege des alternativlosen Sechsgang-Getriebes dürften bei einem Sportmodell gerne kürzer sein, die Gassen exakter definiert. Smartphone müsste man sein. Den Sitzen fehlt hingegen SeitenhaltQuelle: Volkswagen Es mag einer gewissen Ehrfurcht geschuldet sein, dass man die Mutkurve – eine schnelle Rechts im vierten Gang – verkrampft durchfährt. Oder liegt es doch am mangelnden Seitenhalt? Die Sitze tragen das typische GTI-Karomuster, unterscheiden sich ansonsten nicht merklich von den Hockern der braveren Up-Modelle. In der Trackday-Praxis drückt man sich mit dem linken Bein über die Fußraste in den Sitz – notorische Linksbremser haben Pech. Ein Smartphone müsste man sein. Für das bietet der Up eine der besten und simpelsten Halterungen überhaupt. Die zugehörige App für den Up (maps and more) kommt mit einer Laptimer-Funktion. Ist das Handy per Bluetooth verbunden, kann per Tastendruck am Lenkrad oder Infotainmentsystem die Zeit gestoppt werden. Wir messen per Handy, nutzen jedoch die selbstständig per GPS-Signal auslösende App Race Chrono. So wie damals im Golf II, sogar auf dem gleichen Gerät. Up gegen Golf: Ähnliche Rundenzeiten, ähnlicher PreisQuelle: Volkswagen Die letzte Richtungsänderung vor Start/Ziel liegt vor uns, eine Doppelkurve nach rechts im dritten Gang. Die Zwischenzeiten zeigten: Es wird eine knappe Angelegenheit zwischen Golf II GTI und VW Up GTI. So wie bald wohl beim Kaufpreis: Unverbastelte dreitürige Golf II GTI mit wenigstens einem Jahr TÜV werden auf mobile.de häufig jenseits der 10.000 Euro angeboten – Tendenz steigend. Vielleicht bald in die Höhen gebrauchter Golf I GTI – hier steht mitunter eine Zwei voran. Der Up GTI startet ab 16.975 Euro. Der kleine Spoiler am Heck, die Karo-Bezüge im Innenraum und die 17-Zoll-Sommerräder sind beim GTI serienmäßig. Bei unserem Testmodell kamen die zweifarbige Lackierung (170 Euro), das Radio mit Dock-Funktion für das Smartphone (170 Euro) sowie Parksensoren hinten (300 Euro) hinzu. Für die fünftürige Variante würde VW weitere 480 Euro veranschlagen. Die Konkurrenz im Feld sportlicher Kleinstwagen? Mit ähnlichen Leistungsdaten die Heckantriebs-Zwillinge Renault Twingo GT (ab 15.690 Euro) und Smart Forfour Brabus (ab 21.225 Euro). Außerdem der 140 PS starke Abarth 595 (ab 18.490 Euro) sowie demnächst der größere Suzuki Swift Sport mit 140 PS. Fazit: Das hätte klappen könnenWir lassen den Up bis an die äußerste Kante des breiten Curbs nach außen streben, es geht mit möglichst viel Schwung Richtung Finish. Auf der Anzeige laufen die Sekunden: zehn, elf, zwölf – Zielstrich. Die 2:12,53 sollte unsere beste Rundenzeit an diesem Tag werden. Rund eine halbe Sekunde hinter der eigenen Bestmarke mit dem Golf II GTI. Ein schönes Resultat für den Traditionalisten in uns: Der Klassiker hatte es eben drauf. Quelle: ausblenden I Marlene Gawrisch Der innere Purist möchte heulen. Langsamer, trotz des höheren Topspeeds, trotz der besseren (und standfesteren) Bremse, trotz des neutralen Handlings. Doch Letzteres ist nicht unbedingt ein Synonym für "schneller". Die Vermutung: Was den Up langsamer macht, sind die Eingriffe des Stabilitätsprogramms. Das gelegentliche Gasdrosseln am Kurvenausgang, wo man mit schwächeren Autos auf der Rundstrecke um jedes Quäntchen Schwung kämpft. Mit deaktivierbarem ESP hätte er seinen Ahnen wohl geschlagen. Andererseits sind es im Kern nicht Bestmarken (oder Wörthersee-Sticker), die ein GTI-Modell ausmachen. Sondern ihr Potenzial, größere und teurere Sportler zu ärgern. Zumindest zu verblüffen. Was unser Video nicht zeigt: Auf der schnellsten Runde tauchte ein M3 ganz klein im Spiegel auf, kam natürlich näher. Nur - wie der Bayern-Treter später lachend erzählte - holte er auf den Up eben lange nicht so mühelos auf, wie das "bei einem so kleinen Wagerl" zu erwarten war. Könnte sich vor mehr als drei Jahrzehnten zwischen VW Golf II GTI und BMW E30 M3 genauso abgespielt haben, wenngleich die Leistungsdifferenz ordentlich zunahm. Willkommen im GTI-Portfolio, Up. Vergleich verloren, Test bestanden. Video: Eine schnelle Runde im VW Up GTI
Technische Daten VW Up GTI
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