Der Edge ist der amerikanischste Ford nach dem Mustang. Und das mit Abstand größte SUV der Marke. MOTOR-TALK testete den Koloss aus der oberen Mittelklasse im Alltag.
Berlin – Im Ford Edge gibt es die Momente, in denen einfach alles stimmt. Wenn man erhaben dem Horizont entgegengleitet und dabei wie ein König hoch über der Straße thront. So fühlen sich vermutlich Trucker auf einsamen Highways. Abseits der breiten Bundesstraße lässt die Fernfahrer-Romantik im Ford-SUV nach. Weil die LKW-Assoziationen bleiben: Zu groß, zu schwer und insgesamt zu plump wirkt das Auto dann schnell. Mitfahrer stellt Fords größtes SUV dagegen in jeder Umgebung (und fast jeder Hinsicht) zufrieden. Sparfüchse aktuell ebenfalls, denn vor dem Facelift schrumpft Ford die Preise der bisherigen Version. Abmessungen | Platzangebot | Karosserie Der Kofferraum des Ford Edge fasst bis zu 602 Liter, bei umgeklappter hinterer Sitzlehne wächst der Stauraum auf 1.847 Liter. Was auf der leicht ansteigenden Ladefläche keinen Platz mehr findet, passt oftmals in eine der unzähligen Ablagen. An den Seiten des Gepäckraumes gibt es je eine Schale, unter der Reserveradabdeckung zwei weitere große Fächer. Etwas Raum unter der hochklappbaren Mittelarmlehne der ersten Reihe bietet im Grunde jedes SUV, aber so viel Volumen wie im Edge ist selten. Das Fach fasst locker eine 1-Liter-Flasche plus X. Auch andere Fächer gleichen einem Höhlensystem. Die Fußräume von Fahrer und Beifahrer sind über eine offene Ablagefläche hinter der Mittelkonsole verbunden. Das Handyfach vor dem Schalthebel könnte ob seiner Tiefe auch ein Minitablet schlucken. Innenraum | Verarbeitung | Materialien Wen das garantiert nicht kümmert, sind die Fondpassagiere. Wenn man die Rückbank mittels der weit verstellbaren Lehne zum Liegestuhl macht, sieht man vieles entspannter. Will man als Fahrer so aufrecht wie ein Einser-Schüler sitzen, braucht es Geduld bei der Justierung des Sportsitzes (Serie ab Ausstattungsvariante „Titanium“). Die Stühle montiert Ford in der Grundposition relativ hoch. Antrieb | Motor | Getriebe Der Biturbo-Selbstzünder kommt im unteren Drehzahlbereich erwartungsgemäß gut zurecht. Bei 2.000 Umdrehungen liegt das maximale Drehmoment von 450 Newtonmeter an, die volle Leistung steht bei 3.750 Umdrehungen bereit. Längsdynamische Heldentaten bleiben bei knapp 2 Tonnen Fahrzeuggewicht aus, zum zügigen Dahingleiten langt es. Der Verbrauch pendelte sich bei viel Autobahn- und Stadtverkehr im Bereich zwischen 7,8 und 8,3 Litern ein. Fords serienmäßige Active Noise Cancellation sorgt für Ruhe im Innenraum. Das System spielt eine künstliche Gegenfrequenz zur natürlichen Geräuschkulisse ein – ähnlich wie geräuschunterdrückende Kopfhörer. Laut ist es im Edge nach dem Kaltstart, wenn erbärmliches Nageln in den Innenraum dringt. Bei höheren Drehzahlen vernimmt man den Klang des Diesels ebenfalls. Ein drehmomentstarker Diesel braucht keine hohen Drehzahlen? Sag das dem Sport-Modus des Automatikgetriebes. Zum Charakter des Edge passt der Standard-Modus besser – selbst wenn sich das Doppelkupplungsgetriebe dann eher nach Wandlerautomatik anfühlt. Fahrverhalten | Fahrwerk | Lenkung Unser Testfahrzeug hat die Spitze des Querdynamik-Könnens bereits erreicht: In den Federdomen steckt das straffere Fahrwerk (300 Euro Aufpreis). Es schirmt die Bandscheibe gegen kleine Unebenheiten perfekt ab, lässt jedoch alles ab Kopfsteinpflaster aufwärts ungefiltert durch. Zum Sportler wird der Edge trotzdem nicht. Daher tendieren wir zum weicheren Serienfahrwerk. Lieber einen richtigen Gleiter als einen verhinderten Dynamiker. In der City ist der Edge vor allem eines: im Weg. Er wirkt nicht nur von außen breiter, als er ist. Wo man im kleineren Ford Kuga durchwuselt, tastet man sich im Edge behutsam vorwärts. Der Fahrer weiß eben nur ungefähr, wo die Kanten der Kante (engl. Edge) enden. Übersicht geht anders. Beim Rangieren hilft die adaptive Lenkung (490 Euro). Sie passt das Übersetzungsverhältnis der Geschwindigkeit an. Bei geringen Geschwindigkeiten sind es weniger als zwei Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag. Auf den maximalen Einschlag hat das freilich keinen Einfluss, der Wendekreis entspricht mit 11,90 Metern dem eines VW Touareg. Assistenzsysteme | Sicherheit Der adaptive Tempomat (500 Euro Aufpreis) patzte häufiger. Weil das System die Umwelt wahrnimmt wie ein Pferd mit Scheuklappen und nur erfasst, was in direkter Verlängerung der Schnauze liegt. Das ACC-System verliert in Kurven häufig den Vordermann und gibt Gas, um danach wieder hart einzubremsen. Immerhin lässt sich über ein Feld am Tacho überprüfen, ob der Ford den Vorausfahrenden noch auf dem Schirm hat. Infotainment | Radio | BedienungBeim Tacho des Edge kombiniert Ford ein analoges Ziffernblatt mit digitalen Zeigern. Damit können Zusatzinformationen über Fahrstrecker und Fahrassistenten eingeblendet werden. Durch das digitale Programm schaltet der Fahrer mittels der Cursortasten am Lenkrad, jeweils fünf an der Zahl. Darunter liegen zu beiden Seiten weitere sechs Tasten für Tempomat und die Bedienung des serienmäßigen Sync3-Infotainmentsystems. Das ist deutlich überladen. Die Tastenanordnung unterhalb des Bildschirms gelang Ford besser. Ausstattung | Preis | FazitUnser Ford Edge kam in der „Titanium“-Variante. Den Einstieg bildet „Trend“ (ausschließlich mit dem kleinen Diesel und Handschaltung kombinierbar), die Spitzenausstattung die noble „Vignale“-Linie. Daneben hat Ford eine ST-Line im Angebot, mit schwarzem Grill und ohne Dachreling. Das Sportfahrwerk ist dannn serienmäßig, das Motorenangebot identisch zu „Titanium“ und „Vignale“. Ein stärkerer, „echter“ Edge ST ist den amerikanischen Heimatmärkten vorbehalten. Die Aufpreisliste für Bestellfahrzeuge blieb insgesamt unangetastet. Für die Lackierung in Magnetic-Grau-Metallic stellt Ford 800 Euro in Rechnung. Über das Business-Paket (ab 2.000 Euro) fanden adaptiven LED-Leuchten, der Park-Assist und dem Sony-Navigationssystem in den Edge. Hinzu kamen der adaptive Tempomat ACC (500 Euro), Frontkamera (350 Euro), adaptive Lenkung (490 Euro) und das Sportfahrwerk (300 Euro). Legt man den Aktionspreis zugrunde, beliefe sich der Gesamtpreis auf 49.390 Euro. Den stoischen adaptiven Tempomaten und das Sportfahrwerk würden wir abwählen. Günstiger als die größen- und leistungstechnisch vergleichbaren Modelle ist der Edge unabhängig davon: Die Allrad-Diesel BMW X5 xdrive25d und Volvo XC90 T5 AWD starten jenseits der 60.000 Euro. Den Touareg II nahm VW aufgrund des bevorstehenden Modellwechsels bereits aus dem Konfigurator - in der vergleichbaren Variante 3.0 V6 TDI BlueMotion Technology war auch er teurer. Die anvisierten Konkurrenten sind doch alle "echte Premiumautos"? Sportlicher, luxuriöser, hochwertiger als der Ford? Nicht unbedingt. Ford stellt den Edge bewusst in Konkurrenz zu diesen Fahrzeugen - und positioniert ihn klar oberhalb von Mistubishi Outlander oder Kia Sorento. Wer häufig lange Strecken zurücklegt, wird sich am Steuer von Fords großem Gleiter sicher wohlfühlen - solange die Straße gerade ist. Ford Edge: Technische Daten
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