Kia Stinger (2017): Fahrbericht von der Nordschleife
Dieser Kia sticht auch auf dem Ring
Im 4. Quartal startet der Kia Stinger hierzulande endlich in den Markt. Wir waren mit dem fast fertigen GT auf der Nordschleife - leider noch ohne Sport-Plus-Modus.
Nürburg – Eine „große Motivation“ nennt Albert Biermann den Stinger. Er blinzelt unter der Schirmmütze in die Eifel-Sonne und macht einen sehr zufriedenen Eindruck. Bevor er bei Hyundai und Kia unterschrieb, hatte er den Stinger schon als Tonmodell gesehen. Das machte die Unterschrift für den Entwickler nach 30 Jahren bei BMW und der M GmbH noch leichter.
Jetzt ist Mitte Juni und seine erste wirklich große Arbeit bei Kia fast auf Serienstand. Ein paar Details fehlen noch, aber im Grunde steht fest, wie der Stinger auf die Straße kommen wird. Im 4. Quartal soll es soweit sein. Einstweilen reihen sich sechs dieser fast fertigen Exemplare in zwei Gruppen auf. Rechts vom kleinen Konvoi: leere Tribünen. Links, hinter der Leitplanke: die Nordschleife.
Kia Stinger GT 2017: Allradantrieb und 370 PS
Druck auf den Startknopf, es macht „pling“ und eine orangefarbene Warnleuchte geht an. Reifendruck zu niedrig. Das wird sich demnächst geben. Die 20,8 Kilometer Asphalt – und ein paar Meter Beton – der großartigsten Rennstrecke der Welt sind trocken, warm und griffig. Der Stinger ist darauf vorbereitet.
Die rechte Hand geht zum Drehrad in der Mittelkonsole. Drive Mode steht darüber, eine Drehung nach rechts legt „Sport“ ein. Das muss fürs erste genügen. Zwar leuchtet einen Klick weiter „Sport+“ im Display auf, doch der Modus ist noch nicht aktiv. Es fehlt noch am vollständigen Softwarepaket für alle Fahrmodi. Dazu später mehr.
Der Instruktor zieht zügig das Tempo an. Der 3,3-Liter-V6 im Stinger geht kräftig vorwärts. 370 PS mobilisiert der Twinturbo, und 510 Newtonmeter Drehmoment. Tempo 100 erreicht er mit Launch Control in 4,9 Sekunden. Eine Achtgang-Automatik verteilt die Kraft an alle vier Räder. Jawohl, wir sitzen im Stinger GT AWD – fürs erste die einzige Version des GT, die Kia in Deutschland anbietet. Hinterradantrieb gibt es nur für die kleinen Motoren, den 2,0-Liter-Benziner mit 255 PS und den 2,2-Liter-Diesel mit 200 PS.
Adaptives Fahrwerk im Stinger GT
Man merkt das. Der Stinger bewegt sich wie ein typischer Allradler – auf der Nordschleife schafft das Vertrauen. Kia stimmt ihn gutmütig ab, aber nicht langweilig. Solange die Michelin kleben, fällt es schwer, hinten Schlupf zu erzeugen. Man muss ihn provozieren. Das kann man auch, und hat Spaß dabei, nicht die Hosen voll. Provokantes Einlenken und Lupfen in einer schnellen Kurve lässt das Heck schön berechenbar ausschwenken. Gut dosiertes Gas zieht es wieder in die Spur.
Er federt nicht knüppelhart, sondern lässt geringe Wankbewegungen zu. Nachvollziehbar und natürlich fühlt sich das an. In manchen Situationen wirkt der Stinger fast weich, nimmt Wellen und Curbs aber gut kontrolliert. Das Fahrwerk ist voll adaptiv und passt die Dämpfer individuell der Fahrsituation an. Im Sport-Modus wird weniger maximaler Federweg zugelassen als im Comfort-Modus, aber es dringen mehr Vibrationen durch. Fürs Gefühl.
Davon bietet auch die Lenkung ausreichend. Sie wirkt etwas zu leichtgängig. Man tendiert dazu, zu stark einzulenken. Das lässt die Vorderräder früher wimmern als nötig. Trotzdem: Zum Untersteuern neigt der Stinger nicht. Schön neutral geht er durch die Kurve, wer mag, kann ihn auch tief hineinbremsen. Die Vorderachse hakt sich prima ein, das Heck dreht gut mit.
Sport-Plus mit heckbetontem Allradantrieb
Richtige Drifts lässt der Stinger nicht zu. Dabei können bis zu 100 Prozent des Moments an die Hinterachse geschickt werden. Macht Kia aber nicht. Jedenfalls nicht, wenn hinten die Haftung ausgeht. Laut Biermann wird das im Sport-Plus-Modus so bleiben. Ein „Drift-Modus“, wie wir ihn aus dem Mercedes-AMG E 63 S kennen oder wie er im BMW M5 kommen wird, soll es nicht geben.
Auch so kommt der Stinger auf fünf Modi. Eco, Normal, Sport, Sport+ und zumindest in den USA und anderen Ländern soll es noch einen konfigurierbaren „Custom“-Modus geben. Für Fahrwerk, Lenkung und die Schaltstrategie wird es beim fertigen Stinger nur zwei verschiedene Einstellungen geben. Eine komfortbetonte und eine sportliche. Die Kombination macht dann den Modus.
In Sport+ wird der Allradantrieb die Hinterachse stärker favorisieren, verspricht Biermann. Der Schleuderschutz soll sich etwas mehr entspannen. Aktuell ist er dreistufig ausgelegt. Per Knopfdruck lässt sich die Traktionskontrolle deaktivieren, ein langer Druck deaktiviert das ESP komplett. Das will Biermann beibehalten.
Neben der Lenkung könnte auch die Automatik mehr Schärfe vertragen. Sie schaltet zwar schnell genug hoch, aber nicht vor Kurven herunter. Erst beim Kick-down – der übrigens auch gerne vor dem Scheitelpunkt liegen kann – zückt sie den richtigen Gang, um mit viel Schub aus der Kurve zu feuern. Das immerhin geht beeindruckend schnell. Und zum Glück darf man selbst per Wippe schalten.
20.000 Kilometer auf der Nordschleife
Biermann betont, dass der Kia Stinger GT kein Rennwagen sein soll, sondern ein Gran Turismo. Daher die leichtgängige Lenkung und das laxe Schaltprogramm. Eine straffere Lenkung, sagt er, würde im Alltag eher stören. Die Testkilometer auf der Nordschleife haben dem Stinger trotzdem gutgetan. Doppelt so viele wie üblich hat er abgespult. 20.000 Kilometer oder rund 961 Runden waren es.
Einige davon ist Biermann selbst gefahren. Bei einem Auto wie dem Stinger sei er stark in die Entwicklung eingebunden. Überwiegend in Korea, wo er direkt an der Teststrecke arbeitet. Während der Nordschleifentests kommt er gelegentlich vorbei. „Ich fahre immer nur eine Runde, dann weiß man ja, was mit dem Auto los ist“, sagt er.
Biermann lässt durchblicken, dass mit den drei Antriebsvarianten des Stinger GT noch nicht alles erledigt sein könnte. In den USA und in Großbritannien fährt der GT mit Hinterradantrieb. Bei entsprechender Nachfrage könnte die RWD-Version auch nach Deutschland kommen. Und eine noch schärfere Version wäre ebenfalls vorstellbar. Biermann sagt auf Nachfrage: "Jetzt sind wir erstmal froh, dass wir den Stinger GT haben." Kann man verstehen. So ein Auto hatte Kia bisher nicht.
Was für ein Auto! KIA hat Mut! Allrad- oder Heckantrieb, 6-Zylinder, über 300PS, schickes Äußeres, vermutlich angemessener Preis! Was VW mit einem Arteon will, KIA zeigt, wie es wirklich geht! Alleinstellungsmerkmale, sportliche Abstimmung, keine Großserientechnik einfach nur verschönert, Eigenentwicklungen zur Diffrrenzierung des Fahrzeugtyps und Kreation eines tatsächlichem Mehrwerts!
Unterschätzt die Kompetenz der Kunden nicht! Oder wollt ihr nur kaufende Leminge.....?
Gruß
Gravitar
Das Auto verspricht in der Tat sehr viel und sieht zudem gut aus.
Ich bin tierisch auf die preisliche Einordnung des GT gespannt.
Ob diesseits oder jenseits von 50tsd Euro?
Es dürfte kein Geheimnis sein, auf welche Fahrzeuge der Wagen abzielt: BMW 340xi, Audi S4, C43 AMG u.a. in dieser Leistungsklasse mit 6Zyl Motor.
Knackig! Wenn da nur nicht der (mir) Biederheit versprechende Markenname wäre. 😆
Gefällt mir wenn der 3.3l V6 auch mit handschaltung verfügbar ist könnte das der nächste Jahreswagen werden von mir. Kia hat echt was getan was die in den letzten Jahren aufgeholt haben.
Bin mal auf den Preis gespannt...
Finde Kia ist mittlerweile eine gute Option gegenüber den 'Premium Marken'.
Wenn man bedenkt, was die großen Hersteller so haben wollen...
Und qualitativ hat sich Kia wirklich gemacht!
Man sollte sich nicht mehr von irgendwelchen Markennamen leiten lassen. Audi z.B. verwässert auch immer mehr in VW. Die Kompakten teilen sich großteils komplett gleiche Technik. BMW wird den 1er mit Frontantrieb bauen.
Mal schauen, wie das noch in den folgenden Generationen bei den höheren Klassen wird.
Ich bin Kia-Stinger-Fan geworden.
Tolles Auto.
ich glaube, das ist allmählich vorbei. Aber ein guter Doppelkuppler würde ja schon reichen bei einem sportlichen Auto, die Wandler passen einfach nicht (selbst die ZF nicht).
Interessant dürfte auch die Gewichtsfrage sein, wo sind all die 1500 kg Hinterradtriebler? 1700-1800kg Klasse haben wir jetzt genügend.
Es ist erschreckend zu sehen wie viel ein M140i xDrive wiegt. 1615 kg
Da wird der Kia wohl eher in der 1750 kg Klasse zu finden sein.
Leider.
Hut ab... Design können Sie und Technik scheinbar jetzt auch
Wie meinst du das genau TheRealThing? Die ZF Automatik ist meiner Meinung nach für sportliche Fahrweiße mindestens überlegen und bei komfortabler Tour definitiv einer Doppelkupplung voraus.
Viele Grüße!
So viel Lob für ein nicht-deutsches Auto? Na da wird der Autor doch jetzt sicherlich gemobbt ..
Ansonsten schönes Auto, aber preislich würde ich mal glatt auf ~60.000€ schätzen. In Deutschland dazu in einer Klasse, in der Autos meist eh geleast werden und die Leaser zu 99% auf den Namen gucken. Wird also, wie schon der Optima, in Deutschland ein absoluter Exot bleiben. Für die, die ihn sich leisten, natürlich ein schöner Fakt.
Mir ist das egal was schneller ist oder überlegen Schaltgetriebe gehört dazu für mich . Macht mir am meisten Spaß wenn ich sonst Wählen müsste dann ein Automatik Getriebe ,die doppelkupplung ist mir zu anfällig. Allein bei dem Schaltgeräusch wird mir schlecht. Wenn es den nicht als Schalter gibt liebäugle ich noch mit dem 370z.
Schöner Wagen. Die Strategie geht mehr und mehr auf. Die Europäer (Schreyer und Biermann) bringen Design und Know How für die Fahrwerksabstimmung mit. Jetzt noch jemanden für die Motoren holen...obwohl so schlecht klingen die Werte ja gar nicht.
Preis ? Mein Tip = Basismodell ab 45000 Euro. Einmal "mit alles" = 60.000