Vietnamesischer Autohersteller Vinfast: Modelle, Pläne, Strategie

Im Land von Vinfast: So tickt die "Auto-Nation" Vietnam

Sven Förster

verfasst am Mon Sep 17 13:03:06 CEST 2018

Vinfast ist Vietnams erster Autohersteller. Die Zukunft ist elektrisch, in der Gegenwart nutzt man BMW-Technik. Zunächst gibt es eine Limo, ein SUV - und viel Stolz.

Vietnam hat eine Automarke: Vinfast wird auf dem Pariser Autosalon im Oktober eine Limousine und ein SUV vorstellen
Quelle: Vinfast

Hanoi – Normalerweise referiert Hoang an dieser Stelle ausführlich über die Zeit der französischen Besatzung. Über Krieg, Wiedervereinigung und die Unabhängigkeit seines Landes. An jenem Tag muss das warten. Jetzt will der einheimische Reiseführer über Autos reden. Hoang fragte mich zuvor beiläufig nach Beruf („Was mit Autos“) und Wohnort („Berlin“). Das reichte. Die Tour dreht sich fortan um die erste vietnamesische Automobilmarke.

Die Einheimischen sind stolz auf Vinfast, die „Autos von hier mit der Technik aus Deutschland." Hoang strahlt: "Wir sind jetzt eine Auto-Nation, irgendwie“. Zugegeben, die Karosse stammt von Pininfarina aus Italien. Doch immerhin durften interessierte Vietnamesen zwischen mehreren Karosserie-Designs abstimmen. Zunächst plant die Automobilsparte des landesgrößten Unternehmens Vingroup zwei Modelle: eine Limousine und ein SUV, beide für die gehobene Mittelklasse.

Technische Ableger von BMW 5er und X5

Das SUV des vietnamesischen Autoherstellers Vinfast verbindet technisch vieles mit dem BMW X5
Quelle: Vinfast
Die Limo basiert technisch zu wesentlichen Teilen auf dem Vorgänger des aktuellen BMW 5er, der Hochbeiner übernimmt vieles vom BMW X5. Beide sind wahlweise mit Hinterrad- oder Allradantrieb erhältlich. Im Motorraum steckt der 2,0-Liter-Turbobenziner der Bayern. Bis zu 227 PS stehen in den Vinfast-Modellen zur Verfügung. „Bald könnte es unsere Autos auch bei Euch geben“, orakelt Hoang – wohl ohne zu bedenken, dass die Modelle aktuell ausschließlich die Euro-5-Abgasnorm erfüllen und damit nicht zulassungsfähig wären. Andererseits tut es nichts zur Sache, die fernere Markenzukunft ist planmäßig rein elektrisch.

Und Vinfast will dereinst tatsächlich exportieren, entsprechend werden die Modelle auf dem Pariser Autosalon im Oktober parken. Doch zunächst soll der Heimatmarkt erobert werden. Limousine und SUV sollen zu Beginn zusammen auf 100.000 bis 200.000 verkaufte Exemplare kommen. Ab 2025 will man 500.000 Autos jährlich absetzen.

Big in Vietnam - spätestens mit dem Kleinwagen

Die Vinfast Limousine basiert technisch weitestgehend auf dem BMW 5er der 2017 ausgelaufenen Generation (F10)
Quelle: Vinfast
Der Großteil soll auf ein späteres Modell aus dem Kleinwagen-Segment entfallen. Solche Autos sind dort aktuell besonders beliebt. Vor allem im urbanen Raum mit engen Straßen und einer Flut an Mopedfahrern braucht es ein wendiges Modell. Außerdem ist die Kostenfrage entscheidend. Das monatliche Durchschnittseinkommen in Vietnam lag 2017 bei umgerechnet lediglich 206 Euro. Produkte des täglichen Lebens sind wesentlich preiswerter als in Europa, doch Neuwagen nur geringfügig günstiger. Der in Vietnams Hauptstadt Hanoi verbreitete Kia Morning (nach europäischem Verständnis ein Kia Picanto) startet umgerechnet jenseits der 10.000 Euro.

Der kleine Vinfast müsste preislich ähnlich positioniert sein, wenn er für Volumen sorgen soll. Mittelfristig will Vinfast schließlich die Marktführerschaft im Land mit mehr als 90 Millionen Einwohnern. Damit dürfte auch dieses Modell noch mit Verbrenner kommen. Einheimische Kunden von SUV, Limousine und späteren Stromern sind preislich wohl weniger sensitiv: Zwischen Arm und Reich klafft trotz aller Bemühungen des sozialistischen Staates immer noch eine riesige Lücke. Laut der NGO Oxfam würden mit dem Einkommen der 230 reichsten Vietnamesen rund 3,2 Millionen Menschen auskommen. Somit scheint klar, warum Vinfast gehobene Segmente für das Debüt wählt.

Eine der modernsten Fabriken des Landes

Insgesamt geht es wirtschaftlich stetig aufwärts. Vinfast ist längst nicht Vietnams einzige ambitionierte Neugründung im technologischen Bereich - aber wohl die prestigeträchtigste. Sämtliche Autos entstehen in Hai Phong im Norden des Landes. Auf 335 Hektar wurde eine der größten und modernsten Fertigungsstätten des Landes errichtet. Vinfast nutzt bei BMW entwickelte Fertigungstechnik, erwarb hierfür Patente. In Summe flossen umgerechnet 3,25 Milliarden Euro in die neue Automobilmarke. Das Geld stammt aus weiteren Unternehmen des Gründers Nhat Vuong: Er wurde mit Nudelgerichten reich, mit Immobilien reicher.

Hoang finanziert mit seiner Tätigkeit als Fremdenführer sein Studium. Maschinenbau - Vinfast wäre für ihn die Wunschadresse. Was er am liebsten konstruieren würde? "Das ist leicht", lacht er, "ein Sportmodell." Wir wünschen ihm alles Gute bei der Bewerbung!

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Vinfast ist Teil der Vingroup - einem der größten Wirtschaftsunternehmen des Landes
Quelle: Vinfast
Die Vinfast Limousine basiert technisch weitestgehend auf dem BMW 5er der 2017 ausgelaufenen Generation (F10)
Quelle: Vinfast
Die Vinfast Limousine: Frontansicht
Quelle: Vinfast
Das SUV des vietnamesischen Autoherstellers Vinfast verbindet technisch vieles mit dem BMW X5
Quelle: Vinfast
Das Vinfast SUV: Heckansicht
Quelle: Vinfast
Als nächstes Vinfast-Modell ist ein Kleinwagen geplant. Langfristig sollen reine E-Autos aus Vietnam kommen
Quelle: Vinfast
Die ersten beiden Vinfast-Modelle sind nach einer Abgasnorm zertifiziert, die Euro 5 entspricht. Ein Export nach Europa ist damit aktuell nicht möglich
Quelle: Vinfast