Vietnamesischer Autohersteller Vinfast: Modelle, Pläne, Strategie
Im Land von Vinfast: So tickt die "Auto-Nation" Vietnam
Vinfast ist Vietnams erster Autohersteller. Die Zukunft ist elektrisch, in der Gegenwart nutzt man BMW-Technik. Zunächst gibt es eine Limo, ein SUV - und viel Stolz.
Hanoi – Normalerweise referiert Hoang an dieser Stelle ausführlich über die Zeit der französischen Besatzung. Über Krieg, Wiedervereinigung und die Unabhängigkeit seines Landes. An jenem Tag muss das warten. Jetzt will der einheimische Reiseführer über Autos reden. Hoang fragte mich zuvor beiläufig nach Beruf („Was mit Autos“) und Wohnort („Berlin“). Das reichte. Die Tour dreht sich fortan um die erste vietnamesische Automobilmarke.
Die Einheimischen sind stolz auf Vinfast, die „Autos von hier mit der Technik aus Deutschland." Hoang strahlt: "Wir sind jetzt eine Auto-Nation, irgendwie“. Zugegeben, die Karosse stammt von Pininfarina aus Italien. Doch immerhin durften interessierte Vietnamesen zwischen mehreren Karosserie-Designs abstimmen. Zunächst plant die Automobilsparte des landesgrößten Unternehmens Vingroup zwei Modelle: eine Limousine und ein SUV, beide für die gehobene Mittelklasse.
Technische Ableger von BMW 5er und X5
Die Limo basiert technisch zu wesentlichen Teilen auf dem Vorgänger des aktuellen BMW 5er, der Hochbeiner übernimmt vieles vom BMW X5. Beide sind wahlweise mit Hinterrad- oder Allradantrieb erhältlich. Im Motorraum steckt der 2,0-Liter-Turbobenziner der Bayern. Bis zu 227 PS stehen in den Vinfast-Modellen zur Verfügung. „Bald könnte es unsere Autos auch bei Euch geben“, orakelt Hoang – wohl ohne zu bedenken, dass die Modelle aktuell ausschließlich die Euro-5-Abgasnorm erfüllen und damit nicht zulassungsfähig wären. Andererseits tut es nichts zur Sache, die fernere Markenzukunft ist planmäßig rein elektrisch.Und Vinfast will dereinst tatsächlich exportieren, entsprechend werden die Modelle auf dem Pariser Autosalon im Oktober parken. Doch zunächst soll der Heimatmarkt erobert werden. Limousine und SUV sollen zu Beginn zusammen auf 100.000 bis 200.000 verkaufte Exemplare kommen. Ab 2025 will man 500.000 Autos jährlich absetzen.
Big in Vietnam - spätestens mit dem Kleinwagen
Der Großteil soll auf ein späteres Modell aus dem Kleinwagen-Segment entfallen. Solche Autos sind dort aktuell besonders beliebt. Vor allem im urbanen Raum mit engen Straßen und einer Flut an Mopedfahrern braucht es ein wendiges Modell. Außerdem ist die Kostenfrage entscheidend. Das monatliche Durchschnittseinkommen in Vietnam lag 2017 bei umgerechnet lediglich 206 Euro. Produkte des täglichen Lebens sind wesentlich preiswerter als in Europa, doch Neuwagen nur geringfügig günstiger. Der in Vietnams Hauptstadt Hanoi verbreitete Kia Morning (nach europäischem Verständnis ein Kia Picanto) startet umgerechnet jenseits der 10.000 Euro.Der kleine Vinfast müsste preislich ähnlich positioniert sein, wenn er für Volumen sorgen soll. Mittelfristig will Vinfast schließlich die Marktführerschaft im Land mit mehr als 90 Millionen Einwohnern. Damit dürfte auch dieses Modell noch mit Verbrenner kommen. Einheimische Kunden von SUV, Limousine und späteren Stromern sind preislich wohl weniger sensitiv: Zwischen Arm und Reich klafft trotz aller Bemühungen des sozialistischen Staates immer noch eine riesige Lücke. Laut der NGO Oxfam würden mit dem Einkommen der 230 reichsten Vietnamesen rund 3,2 Millionen Menschen auskommen. Somit scheint klar, warum Vinfast gehobene Segmente für das Debüt wählt.
Eine der modernsten Fabriken des Landes
Insgesamt geht es wirtschaftlich stetig aufwärts. Vinfast ist längst nicht Vietnams einzige ambitionierte Neugründung im technologischen Bereich - aber wohl die prestigeträchtigste. Sämtliche Autos entstehen in Hai Phong im Norden des Landes. Auf 335 Hektar wurde eine der größten und modernsten Fertigungsstätten des Landes errichtet. Vinfast nutzt bei BMW entwickelte Fertigungstechnik, erwarb hierfür Patente. In Summe flossen umgerechnet 3,25 Milliarden Euro in die neue Automobilmarke. Das Geld stammt aus weiteren Unternehmen des Gründers Nhat Vuong: Er wurde mit Nudelgerichten reich, mit Immobilien reicher.
Hoang finanziert mit seiner Tätigkeit als Fremdenführer sein Studium. Maschinenbau - Vinfast wäre für ihn die Wunschadresse. Was er am liebsten konstruieren würde? "Das ist leicht", lacht er, "ein Sportmodell." Wir wünschen ihm alles Gute bei der Bewerbung!
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Hm, toller Artikel. Und so schön relevant....
Besser so ein Artikel als der 2574 Artikel über VW und Abgas und ob die Putzfrau was wusste.
Hässliche Wagen, Technisch altes Zeug von BMW verwenden, aber große Ziele von wegen 500k Absatz. 😆
Warum sollte man sich den holen ? Warum nicht gleich einen aktuellen Jahreswagen BMW oder Vorführer ?
Beide gefallen mir überraschend gut. Nicht so grotesk überzeichnet, wie manche Chinesen.
So hätte man sich auch die Fortsetzung der Designlinie von Vauxhall vorstellen können.
Weil man den Vorgänger des aktuellen 5er ALS NEUWAGEN für die Hälfte des Preises kriegt?
Stelle dir vor Jaguar bietet den XK und den F-Type parallel als Neuwagen an und der XK kostet die Hälfte. Was werden sie meisten wohl kaufen?
"Die Zukunft ist elektrisch" ... "die fernere Markenzukunft ist planmäßig rein elektrisch"
Ohne Framing läuft heute offenbar nichts mehr...
Also schaffen die Vietnamesen das, was die Auto Union seit 100 Jahren nicht schafft: Ein standardmäßig konstruiertes Auto.
Weil es davon in Indien und China recht wenige gibt und dieser Markt am explodieren ist?
Sie schaffen zurzeit lediglich alte BMW mit der urlaubnis von BMW nachzubauen. Mehr nicht.
Das stört bei Seat und Skoda auch niemanden.
Richtig. Nur behauptet niemand Seat und skoda wären weiter als andere. Also ist die Behauptung einfach dünnpfifffff
Sehr schöne Autos und eine wunderbare Entwicklung für Vietnam! Auf diese Autos kann man als Vietnamese stolz sein. Auch wenn die Technik derzeit noch von BMW gekauft ist, die Patente hat man ja ERWORBEN (nicht LIZENZIERT, d.h. die Technik gehört Vinfast jetzt für alle Zeit und kann auch weiterentwickelt werden). Aber so haben andere Marken wie Ssangyong in Korea ja auch angefangen, mit Mercedes-Motoren etc. in den 90ern.
Warum nicht. Beide sehen nicht schlecht aus.
Wobei das zumindest nicht ganz so 100 %ig stimmt, da es sich beispielsweise beim Ssangyong Rexton 2.7 Xdi um ein gemeinsames JointVenture mit MB handelte. Der Motor stammte hier auch nicht vom 270'er CDI des Mercedesregals, was Viele automatisch immer annehmen, sondern war lediglich ein 290'er aus dem MB Regal, den man seitens Ssangyong nochmals für ettliche Milliarden weiterentwickelte. Dafür war die Automatik aus dem MB-Regal und nahezu unkaputtbar. Hab ja im Laufe der Zeit 3 so Kisten gehabt, sooo schlecht waren die nicht... 😉
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Aber zugegebenermaßen verstehe ich die gespielte Entüstung / Enttäuschung hier auch nicht so wirklich... Leute, wir reden hier von Vietnam. Schon angekommen? Wenn die sowas in Lizenz oder was auch immer schaffen halbwegs gut nachzubauen oder umzubauen - warum nicht. Auf unserem Markt wird man die Kisten sowieso nie zu Gesicht bekommen. Und bevor hier jemand mit Elektro kommt, würde ich mal eher überlegen, wo Vietnam wirtschaftlich und industriell überhaupt steht... 😉
Optisch find ich übrigends beide Modelle ganz ansprechend. Mal davon abgesehen... 😆