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ESP und Gegenlenken ?

Mercedes V-Klasse 447
Themenstarteram 7. Januar 2021 um 9:44

Man/frau möchte ja die ganze schöne Technik (im Vau) nutzen ...

Gestern ist mir das Fahrzeug voll weggerutscht, auf einer kleinen Strasse, ca. 90° rechts abgebogen, deutlich bergauf (also nicht leicht, aber auch nicht richtig steil), festgefahrenen Schneedecke, nicht geräumt. Vorher war noch deutlich Split im Schnee zu sehen, nach dem rechts abbiegen nicht mehr (aber da war es schon zu spät), Fußgänger kamen mitten auf der Straße (bergab) entgegen, also Gas weg (trotz ca. Schritttempo) - und das wars.

Das Fahrzeug rutschte rückwärts den Berg runter, die ESP-Lampe leuchtete. Ich wollte wenigstens in die Strasseneinfahrt einlenken (und nicht den Abhang runter kullern) - also hab ich 'instinktiv' versucht, gegenzulenken (alles rückwärts, wohlgemerkt).

Es hat gerade so geklappt. Keinen Fußgänger umgefahren, keins der Schilder am Strassenrand touchiert und es kamen zum Glück gerade auch keine anderen Fahrzeuge.

Nun lese ich in der Bedienungsanleitung nach, was zu tun ist, wenn die ESP-Lampe leuchtet.

Aaahh - man kann (und sollte) ESP also abstellen, wenn man im Tiefschnee oder mit Schneeketten fährt. Gut zu wissen, aber das war gestern ja nicht der Fall (in so einer Situation auch unmöglich, ESP über den Bordcomputer auszuschalten).

Lt. Bedienungsanleitung zeigt die ESP-Lampe also an, wenn "das Fahrzeug vom Richtungswunsch des Fahrers abweicht" (ja, das war auch ohne Warnlämpchen deutlich zu merken!!!).

Was aber tun??? So nach dem Motto: "Sag an, Siri (oder wer auch immer), was ist zu tun?"

Das Fahrzeug rutschte und rutschte ...

(zwar im zügigen Zeitlupentempo, aber es schleuderte ja nicht hin und her).

Dazu ist in der Bedienungsanleitung leider kein Hinweis zu finden.

Aber hier im Forum!

Zwar aus 2017 (von "VW2006" ???), aber eine eindeutige Empfehlung, sogar mit verständlicher Begründung:

"Im Fall des Falles (wenn ESP leuchtet) NICHT GEGENLENKEN!"

Meine Frage dazu hier jetzt: Gilt das auch, wenn das Fahrzeug rückwärts rutscht ?

So eine Situation wie gestern möchte man natürlich nicht noch einmal erleben - aber WENN, dann hätte man doch gern eine Handlungsmöglichkeit (ausser beten ...).

Deswegen meine Frage an die "Fahr-Profis" und die Technik-Profis hier.

Danke für Eure Tipps!

 

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7 Antworten

Hallo,

dann erstmal froh sein, dass Nichts weiteres passiert ist.

Was die Fahrdynamik angeht. Ein rutschendes Fahrzeug kannst du nicht gegen die Bewegungsrichtung abfangen.

Das hat was mit Haft- und Gleitreibung zu tun.

Ausschalten der Helfersysteme, ist wie du schon völlig richtig beschrieben hast, nicht während eines solchen Ereignisses möglich.

Ich bin der Meinung, dass deine Situation rechts komplex ist, um im Nachhinein genau sagen zu können was der Königsweg gewesen wäre. Die Helfersystems kommen natürlich gerade auf Schnee an ihre Grenzen was einen sinnvollen Regelbereich angeht. Aus der Ferne wäre daher - wenn das überhaupt möglich ist - vorausschauend zu fahren. Ob du hättest erkennen können, dass du vorher das ESP im Schnee hättest ausschalten sollen, kann man sicherlich nur schwer beurteilen, zumal man dann auch ohne ESP nicht einfach "normal" weiterfährt sondern entsprechende "Techniken" anwenden muss.

Kleines Beispiel:

Du hast dich mit ESP im Schnee festgefahren - Räder haben sich bereits etwas eingegraben.

Du möchtest da raus, gibts Gas - ESP regelt runter, da die Räder drehen, du gibts mehr Gas weil es nicht vorwärts oder rückwärts geht - ESP regelt noch mehr runter.

Jetzt kommt man auf die Idee das ESP auszuschalten. Richtig. Du gibts wieder Gas - Räder drehen durch, noch mehr Gas - Räder drehen auch ohne ESP noch mehr durch. Bis hierhin ohne die richtige Technik alles das gleiche.

Die vermeintliche Lösung ist, dass du ohne ESP den Wagen/ die Räder "aufschwingen" musst, um ggf aus der Kuhle mit Schwung raus zu kommen.

Alleine die Beschreibung/Abläufe für eine Situation "Festgefahren im Stehen" ist schon recht komplex. Deine dynamische Situation rückwärtig in der Bewegung um einiges komplexer - sorry, aber ich glaube nicht, dass man den Königsweg so einfach beschreiben kann. Trotzdem gut gemacht!

Gruß

Mk

Wir haben unseren V zwar erst bestellt, ich kann aber als Bewohner eines sehr schneereichen Gebietes von Erfahrungen mit anderen grossen Autos (z.B VW T5) berichten. Generell ist bei deiner Situation einfach das hohe Gewicht der V Klasse ein Problem. Ich sehe es oft, dass Allradfahrer durch den guten Traktionseindruck nicht mit einem wegrutschenden Fahrzeug rechnen. Mir ist das (trotz viel Schneeerfahrung) kürzlich mit einem gemieteten T5 4 Motion passiert. Wir sind am Berg nicht weitergekommen und dann rückwärts in einen grossen Schneehaufen gerutscht. Bremsen und Lenken hat komplett nichts gebracht. Für solche Situationen helfen bei uns eigentlich nur Ketten oder Spikes (in Deutschland ja nicht zulässig). Natürlich ist man beim 4Matic geneigt, keine Ketten aufzuziehen. Beim Bremsen kann es dich aber im Zweifel retten. Gerade rückwärts bergab hast du kaum Möglichkeiten zu lenken, wenn es glatt ist. Schmalere Reifen wären ebenfalls ein Ansatz.

Wie schon von mk1234 geschrieben gibt es wohl keine "richtige" Lösung in dieser Situation.

Obwohl oder weil alles in geringer Geschwindigkeit ablief - da kann man sich eher auf sein Popometer verlassen als auf die Assi-Systeme (ABS ESP ASR ....), die können helfen, aber die Physik lässt sich auch mit den Helfern nicht aushebeln.

Ich bin der Meinung, instinktiv handeln und sich dabei von den Helfersystemen unterstützen zu lassen, ist die vollkommen richtige Vorgehensweise.

ABS macht besser "Stotterbremse" als ein Mensch es instinktiv kann...

ASR regelt gefühlvoller das Gaspedal als ein Mensch es instinktiv kann...

ESP kann einzelne Räder unterschiedlich abbremsen ... das kann man noch nicht mal instinktiv.

Ich habe seit 37 Jahren den Führerschein, fahre seit 17 Jahren Autos mit ESP, ASR und ABS und war einmal in einer Situation, wo das ESP merklich im Zusammenspiel mit den anderen Dingen eingegriffen hat.

Nasse Kreisstraße, Kurve mit Bodenwelle zu schnell (ca. 70 km/h) angefahren und als ich im Popometer den Abgang (Heck wollte ausbrechen) gemerkt habe und reagieren wollte, war der lautstarke Einsatz von ESP & Co schon wieder vorbei, das Auto merklich langsamer und stabil in der Spur. Vielleicht habe oder wollte ich Gegenlenken.

Das würde ich auch immer wieder tun, weil wie oben geschrieben, instinktiv handeln und sich dabei von den Helfersystemen unterstützen zu lassen - dafür sind sie da.

Am sichersten ist es so zu fahren, als ob die Helferlein gar nicht vorhanden wären bzw. sie nicht zum Einsatz kommen, natürlich auch Hirn benutzen beim Fahren ....

Gute Fahrt...

Themenstarteram 7. Januar 2021 um 16:11

Danke für Eure Kommentare (und für das unverdiente Lob von mk1234).

Hätte ich ja eigentlich auch selbst drauf kommen können, sogar ohne Physik-Studium (wie unsere Noch-"Chefin"),

dass die physikalischen Gesetze sich auch mit technischen Helferlein nicht ausser Kraft setzen lassen.

Das war wirklich eine unschöne Situation, als der Popometer realisierte:

Es geht rückwärts, es geht abwärts. Zwar langsam, aber unaufhaltsam.

Ja, hätte ich vorher gewußt, dass die kleine Straße rechts den Berg hoch nicht gestreut ist, hätte ich die Schneeketten aufgezogen - oder den Vau unten stehenlassen.

Ist ja nochmal gutgegangen.

Später bin ich nochmal zu Fuß zu der Stelle: In den Fahrspuren war das blanke Eis!

Erstaunlich, dass ich da überhaupt die 20, 30 m hoch gekommen bin

(bis die Fußgänger mir mitten auf der Strasse entgegen kamen).

Mal OT: Sich auf den Allrad oder die Assistenten zu verlassen das kann großen Schaden herbeiführen. Wenn der Karren mit 2t erst einmal die Bodenhaftung verloren hat können die "Fahrhilfen" nichts mehr bewirken. Ich sehe das Problem bei vielen jungen Fahrern, welche nur KFZ mit Assis kennen. Die sind alle kein Motorrad oder Golf 1 gefahren und haben nie erlebt was passieren kann. Die Werte der KFZ sind auch zu hoch, um mal auf abgelegener Strecke die Grenzen zu überschreiten und zu probieren. Wenn "Carportparker" nur einmal einen Eingriff erlebt hat, ist er definitiv ein vorsichtiger Fahrer, oder er hat nur 5 km gefahren(Iron). Die Situation auf nasser Fahrbahn ist eigentlich noch beherrschbar vom ESP, auf Eis ist es Schluss damit. Wenn man sich die Schäden von KFZ auf der Landstraße mal anschaut sind diese oft über die Grenzen der Physik gefahren worden. VG

In der Situation, wenn das Fahrzeug von Geschwindigkeit 0 trotz Bremsen Fahrt aufnimmt kann man kaum etwas machen - solange das Fahrzeug nicht beschleunigt kann man versuchen bzw. hoffen abzuwarten bis die Bodenverhältnisse besser werde und es einem erlauben das Fahrzeug wieder unter Kontrolle zu bringen - wenn das Fahrzeug aber schneller werden sollte ist es oftmals sinnvoll gezielt gegen ein Hindernis zu steuern um das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen.

Schneeketten bringen etwas beim Bergauffahren oder gegen das Zurückrutschen im OT. Sie bringen aber durch die ausschließliche Montage an der Hinterachse nichts in Bezug auf die Lenkfähigkeit vor allem beim Bergabfahren, weshalb ich in Situationen, in denen ein Bremsen ohne Schneeketten kaum möglich ist, nur in Notfällen mit dem Vito fahre. Fronttriebler mit Ketten an der Vorderachse sind da wesentlich besser steuerbar. Durch die Auswirkungen des Klimawandels und das immer mildere Klima hatte ich aber in den letzten 5 Jahren keine solche Situation mehr.

Der alte W639 Allrad, bei dem man an allen vier Rädern Schneeketten montieren konnte, war ein absoluter Traum bei solchen Verhältnissen.

Bei den genannten Verhältnissen ist ein Winterreifen mit 6mm Profiltiefe schon überfordert. Das sollte man immer auch im Auge behalten

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