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Mercedes Abgas-Rückruf: C-Klasse, Vito, GL, GLE, GLS, GLC, V-Klasse - Alle Details zum Rückruf bei Daimler

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Mercedes muss fast 700.000 Autos wegen illegaler Abschalteinrichtungen zurückrufen. Daimler hält die Abgas-Software für zulässig. Alle Details zum aktuellen Rückruf.

Der Mercedes-Stern strahlt nicht mehr ganz so hell. Fast 700.000 Fahrzeuge muss Daimler zurückrufen, weil beim Abgassystem getrickst werde, so das KBA Der Mercedes-Stern strahlt nicht mehr ganz so hell. Fast 700.000 Fahrzeuge muss Daimler zurückrufen, weil beim Abgassystem getrickst werde, so das KBA Quelle: dpa/picture-alliance

Stuttgart – Es ist die nächste große Rückruf-Welle im Diesel-Skandal. Diesmal trifft es Daimler. Fast 700.000 Mercedes-Modelle muss der Hersteller auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zurückrufen. Bereits Mitte Juni hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Rückruf angekündigt. Damals war sogar von 774.000 Fahrzeugen die Rede.

Grund für den nun offiziell angekündigten Rückruf sind unzulässige Abschalteinrichtungen der Abgasreinigung. Daimler bestreitet die Illegalität der Software-Funktionen und will Widerspruch einlegen. Durchgeführt wird der Rückruf dennoch. Hier lest Ihr alle Details.

Welche Modelle und Motoren sind betroffen?

Von den insgesamt 690.000 Diesel-Fahrzeugen, die zurück in die Werkstatt müssen, sind 280.000 in Deutschland registriert. Laut Daimler sind alle nach der Abgasnorm Euro 6b zugelassen. Konkret geht es um folgende Modelle und Motorvarianten:

Vom SUV GLC sind Modelle mit dem 2,14 Liter großen Allzweckdiesel OM 651 vom Rückruf betroffen Vom SUV GLC sind Modelle mit dem 2,14 Liter großen Allzweckdiesel OM 651 vom Rückruf betroffen Quelle: mobile.de

  • Vito: 1,6-Liter-Diesel (OM 622)
  • C-Klasse: 1,6-Liter-Diesel (OM 626)
  • ML: 3,0-Liter-Diesel (OM 642)
  • GLE: 3,0-Liter-Diesel (OM 642)
  • GL: 3,0-Liter-Diesel (OM 642)
  • GLS: 3,0-Liter-Diesel (OM 642)
  • V-Klasse: 2,2-Liter-Diesel (OM 651)
  • GLC: 2,2-Liter-Diesel (OM 651)

Daimler spricht davon, dass sich der Rückruf „überwiegend“ auf diese Modelle beziehe. Darüber hinaus sollen weitere einzelne Modellvarianten betroffen sein. Bereits im Juni hatte die Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“ die Modelle G 350d, E 350 CDI, S 300 h genannt. Der Spiegel berichtete kürzlich zudem, dass der C 300 h betroffen sei. Ebenso der CLS und der Roadster SLK. Daimler wollte diese Angaben auf Nachfrage nicht bestätigen. Eine vollständige Liste der vom Rückruf betroffenen Modelle haben wir beim Hersteller angefragt.

Da von den einzelnen Varianten nicht der gesamte Produktionszeitraum vom Rückruf erfasst ist, hilft im konkreten Fall die Fahrzeug-Identifikations-Nummer weiter. Daimler will in Kürze ein Online-Tool anbieten, mit dem sich überprüfen lässt, ob ein Fahrzeug zurückgerufen wird. Es sollen ausschließlich Fahrzeuge betroffen sein, die bis Mai 2018 produziert wurden.

Was genau stimmt nicht mit der Abgasreinigung?

Konkrete Details zu den vom KBA beanstandeten Funktionen nennt Mercedes nicht. Der Vorwurf der Behörde lautet, dass die Software die Abgasreinigung im Normalbetrieb auf der Straße reduziert und so für einen erhöhten Ausstoß schädlicher Stickoxide (NOx) sorgt. Beim bereits im Februar angeordneten Rückruf von 5.000 Vito-Modellen hieß es, es gehe um zwei konkrete Funktionen.

Daimler steht auf dem Standpunkt, dass die Software zulässig sei. Zum Vito-Rückruf hatte das Unternehmen erklärt: „Die Funktionen sind Teil eines komplexen Abgasreinigungssystems, das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen soll. Für das Bestehen des maßgeblichen Test-Zyklus NEFZ sind die in Frage stehenden spezifischen Programmierungen nicht erforderlich."

Aktuell teilt Daimler mit, „nach der Rechtsansicht des KBA müssen bestimmte spezifische Kalibrierungen von Funktionalitäten in der Motorsteuerung der Fahrzeuge geändert werden.“ Damit könnte eine Änderung der Strategie bei der AdBlue-Reinigung gemeint sein, die dann mehr oder öfter den reinigenden Harnstoff einspritzt. Beim Werkstattaufenthalt würde eine neue Software aufgespielt, die diese Strategie ändert.

Was bedeutet der Widerspruch?

Bei der C-Klasse will das KBA in den Modellen mit 1,6-Liter-Diesel (OM 626) illegale Abschalteinrichtungen gefunden haben Bei der C-Klasse will das KBA in den Modellen mit 1,6-Liter-Diesel (OM 626) illegale Abschalteinrichtungen gefunden haben Quelle: mobile.de Daimler hat angekündigt, gegen den Rückruf Widerspruch einzulegen. Das Unternehmen bestreitet nicht, dass die monierten Funktionen existieren. Daimler steht jedoch auf dem Standpunkt, sie seien legal. Wie Daimler das begründet, verrät der Hersteller mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht. Notfalls will Daimler „offene Rechtsfragen“ gerichtlich klären lassen.

Tatsächlich ist nicht jede Abschalteinrichtung unzulässig. Der Fahrzeughersteller darf aus Gründen des Motorschutzes die Adblue-Einspritzung und damit die Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen reduzieren oder bei AGR-Systemen die Abgasrückführungsrate verringern. Das muss allerdings wirklich zum Schutz des Motors notwendig sein.

Bei den bereits im April 2016 vereinbarten, freiwilligen Rückrufen diverser Autohersteller sorgte vor allem die Einstellung sogenannter „Thermofenster“ für Anstoß. Bei manchen Herstellern wurde die Abgasreinigung schon bei weniger als 10 oder gar 17 Grad Außentemperatur verringert oder abgeschaltet. Durchaus normale Betriebszustände.

Wie genau Daimler argumentieren wird, bleibt offen. Und ein kleines Fragezeichen muss man auch an den angekündigten Widerspruch hängen. Mercedes ist nicht der erste Autobauer, der das ankündigt. Bislang wurden die Widersprüche jedoch stets wieder zurückgezogen.

Was hat das mit den freiwilligen Rückrufen zu tun?

Laut dem KBA stoßen in Deutschland rund 280.000 Mercedes-Diesel auf der Straße zu viel Stickoxid aus Laut dem KBA stoßen in Deutschland rund 280.000 Mercedes-Diesel auf der Straße zu viel Stickoxid aus Quelle: mobile.de Seit Frühjahr 2017 bietet Daimler im Rahmen der mit dem Bundesverkehrsministerium vereinbarten freiwilligen Rückrufe Softwareupdates für Modelle der Kompaktklasse (A, B, CLA, GLA) und der V-Klasse an. Hier werden die Einstiegsmotorisierungen 160d (CDI) und 180d (CDI) umgerüstet. Vor etwa einem Jahr wurden diese, von Mercedes „freiwillige Servicemaßnahmen“ genannten Software-Updates auf rund 3 Millionen Fahrzeuge ausgedehnt.

Laut Daimler war der „überwiegende Teil der Fahrzeuge“, die nun vom Zwangsrückruf betroffen sind, bereits für die freiwilligen Updates vorgesehen. Die sollen natürlich weiter laufen. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK teilte der Hersteller mit, dass bei der Kompaktklasse inzwischen 90 Prozent der Fahrzeuge auf dem neuesten Stand seien. Von der V-Klasse sollen 95 Prozent umgerüstet sein. Zum Rest heißt es, man komme gut voran.

Wann startet der aktuelle Zwangsrückruf?

Daimler muss zunächst die Software-Updates für alle betroffenen Modelle entwickeln. Die müssen vom KBA überprüft und freigegeben werden. Für den im August 2017 angekündigten Rückruf von 3 Millionen Fahrzeugen hat Daimler nach eigener Aussage „mehrere 100 Varianten“ entwickelt.

Daimler will die Kunden informieren, sobald die Software-Updates vorliegen und aufgespielt werden können. Das soll schriftlich erfolgen. Allzu bald müssen Mercedes-Fahrer nicht mit Post vom Daimler rechnen. Es könne noch einige Monate dauern, bis der Rückruf starte, so Daimler.

 

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