Der neue BMW 3er trifft in Paris auf Konurrenz: Die etablierte Mercedes C-Klasse und das in Europa neue Tesla Model 3. Wer ist vorne? Drei Mittelklässler, drei Meinungen.
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Paris – BMW hat zum Pariser Autosalon die wichtigste echte Neuheit mitgebracht. Aber wie taufrisch ist der neue BMW 3er wirklich? In der "Premium-"Mittelklasse treffen Traditionalisten auf neue Player. Tesla stellt erstmals offiziell in Europa das Model 3 vor. Die Amerikaner machen damit das erste vollelektrische Angebot im Segment. Und Mercedes bietet in der C-Klasse eine Vielfalt, die schwer zu toppen ist. Inklusive elektrifizierter Benzin- und Dieselmotoren. Wer also ist der Mittelklasse-Star von Paris? Unsere Redakteure Heiko, Fabian und Constantin konnten sich nicht einigen. Hier ihre Meinungen: Constantin Bergander: Tesla Model 3: Das einzige Elektroauto in der MittelklasseQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Obwohl BMW und Mercedes seit mehr als 100 Jahren Autos bauen, können sie mit dem Model 3 nicht mithalten. Ein kleines Unternehmen aus dem Silicon Valley bringt ein vollelektrisches Mittelklasse-Modell auf die Straße, während die Großen noch mit sanfter Elektrifizierung experimentieren. Um die Ladeinfrastruktur kümmert sich Tesla zusätzlich. Zudem bietet das Tesla Model 3 hübsche Lösungen. An das karge Cockpit muss man sich gewöhnen, genauso an die Bedienung fast ausschließlich über Berührungen. Das funktioniert dafür besser als bei allen anderen Herstellern. Denn die Ergonomie bekommt Tesla ausgezeichnet hin. Mit dem Ellenbogen auf der Armlehne tippt es sich locker auf dem Zentraldisplay, ohne groß hinzuschauen. An dieser Stelle: Gruß an Audi. Überhaupt überzeugt das Model 3 in der ersten Reihe. Man sitzt tief und bequem auf weichen Bezügen, umgeben von unzähligen, zum Teil riesigen Ablagemöglichkeiten und cleveren Smartphone-Anschlüssen. Datenstecker für Android (USB 3.0) und Apple sind fest in die Mittelkonsole integriert. Nur bei Materialien und Verarbeitung muss Tesla besser werden. Stichworte: Passgenauigkeit, Haltbarkeit und scharfe Kanten. Es gibt noch Raum für Verbesserungen. Hinten steht die Rückenlehne zu steil. Das Dach baut zu niedrig, als Erwachsener sitzt man schlecht. Außerdem müsste die Öffnung des Kofferraumes größer sein. Aber eine Mittelklasse-Limousine kauft man nicht, um zu viert in den Drei-Wochen-Urlaub zu fahren. Wirklich geräumig sind 3er und C-Klasse hinten auch nicht. Dass Tesla zunächst kein Basismodell im Programm hat: geschenkt. Viele Hersteller reduzieren ihre „First Editions“ auf starke Motoren. Und hier ist das Model 3 konkurrenzfähig. Los geht es derzeit bei 49.000 US-Dollar netto. Dafür gibt es 500 Kilometer Reichweite laut US-Norm und eine ordentliche Basisausstattung. Ein BMW 340i mit kaum besseren Beschleunigungswerten kostete zuletzt das gleiche. Was Tesla noch fehlt? Vor allem der Marktstart in Deutschland. Tesla Model 3 RWD: Technische Daten
Heiko Dilk: BMW 3er G20 (2019): Dynamische Tradition in neuer GenerationQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Rein sachlich kann der BMW 3er diesen Dreikampf nicht gewinnen. Weil er ganz frisch ist und trotzdem alt aussieht neben dem Model 3. Selbst die C-Klasse hängt er nicht wirklich ab. Mit dem Facelift 2018 zog sie in vielen Bereichen gleich: Sie kann besser teilautonom fahren (überholen per Blinkertipp, Tempo-Anpassung an Limit und Streckenverlauf), der Instrumententräger ist optional digital, es gibt eine vielfältige Motorenauswahl und das Infotainment wurde immerhin aktualisiert. Bei den Antrieben hinkt BMW zum Start hinterher. Es gibt nur Diesel und Benziner, noch keine 48-Volt-Technik, der Plug-in-Hybrid kommt später. Einen elektrischen 3er wird es in diesem Blechkleid nicht geben. Beim Infotainment allerdings liegt BMW vorne: Es gibt einen intelligenten Assistenten mit Sprachsteuerung und ein bisschen Gestensteuerung. All das ist auf der Höhe der Zeit, aber nichts davon weist in die Zukunft. Der 3er ist pure Gegenwart. BMW hat den 3er da verbessert, wo er immer seine Stärken hatte: Dynamik, Handling, Fahrgefühl. Klassisches Fahrwerkstuning hat BMW betrieben, nicht am optionalen Verstellfahrwerk, sondern an der serienmäßigen Stahlfederung. Hubabhängige Stoßdämpfer sorgen für noch mehr Kontrolle, das direkte, verbindliche Fahrgefühl wird nicht verwässert. Genau wie die klassische Charakteristik. Wer einen 3er fährt, spürt den "Standardantrieb". Die angetriebene Hinterachse spielt immer mit, bei Mercedes wird das heraus-abgestimmt. Das Gewicht lastet je zur Hälfte auf Vorder- und Hinterachse, die nahezu optimale Balance für Spaß in den Kurven. Die Ingenieure haben außerdem Feinarbeit an der variabel übersetzten Parameter-Lenkung geleistet. Mit M-Sport-Paket inklusive Sportfahrwerk (ebenfalls mit den neuen Dämpfern), M-Sport-Bremsen und Sperrdifferenzial für die Hinterachse fährt der 3er aktiver, emotionaler und - mutmaßlich - öfter schneller über die Nordschleife als jede andere vergleichbare Mittelklasse-Limousine. Wer gerne selbst fährt, hat im 3er noch immer am meisten Spaß. Herrlich altmodischen Spaß. Elektromobilität und autonomes Fahren kommen schließlich noch früh genug. BMW 330i (G20): Technische Daten
Fabian Hoberg: Die Mercedes C-Klasse bietet ausgereifte Vielfalt innen und außenQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de Auswahl ist wichtig in der Mittelklasse. Ein Antrieb genügt nicht in einem Segment, das viele Kunden bedienen soll – vom Taxi- bis zum Sonntagsfahrer. So viele Möglichkeiten wie die C-Klasse von Mercedes bietet in unserem Vergleich kein anderes Auto. Nicht der neue 3er, der derzeit nur mit zwei Motoren zu haben ist. Schon gar nicht der Tesla. Eine reine Elektro-Version fehlt. Benziner, Diesel und Plug-in-Hybride gibt es. Letztere ebenfalls mit Benzin oder Diesel. Das Programm reicht von 122 bis 510 PS. Insgesamt bietet Mercedes 14 Motorvarianten an. Das wird der 3er auch langfristig nicht schaffen. Mercedes hört damit auf den Markt. Die beste Lade-Infrastruktur bringt nichts, wenn das Laden mindestens eine halbe Stunde dauert, Verbrenner aber in fünf Minuten vollgetankt sind. Diesel-Hybride haken viele Hersteller als „zu teuer“ ab. Mercedes baut trotzdem einen. Und, ganz wichtig: Es gibt ihn als Kombi. Die C-Klasse selbst außerdem als Limousine, Coupé und Cabriolet. Bei der Ausstattung bietet Mercedes ähnliche Vielfalt. Die C-Klasse gibt es karg wie eine Studentenbude und edel wie eine Suite im Ritz. Echtes Leder mit eingestepptem Muster, viel Aluminium und offenporiges Holz sind hochwertig verarbeitet und fühlen sich auch so an. Sogar der unterschäumte Kunststoff schmeichelt den Fingern. Im Gegensatz zum Model 3 gibt es in der C-Klasse Sitze mit ordentlichem Seitenhalt. Selbst Fondpassagiere reisen im Mercedes über Stunden bequem – Tesla-Mitfahrer mit langen Oberschenkeln kommen viel schneller an ihre Schmerzgrenze. Nur beim Infotainment fährt die C-Klasse hinterher. Halb so wild, denn die Bedienung per Dreh-Drück-Steller geht flüssig von der Hand. Ganz wichtig: Mercedes baut den Tacho in den Sichtbereich des Fahrers. Nicht irgendwo in die Mitte des Armaturenbretts, weil es nur einen Bildschirm geben sollte. Zusätzlich bietet Mercedes ein Head-up-Display an. Mit der C-Klasse hat Mercedes eine Modellreihe im Programm, die jeden Anspruch bedienen kann. Vier Karosserievarianten, 14 Motoren, viele Ausstattungspakete und moderne Assistenz sollten alle Geschmäcker abdecken. Wenn es unbedingt ein Elektroauto sein muss: Der technisch verwandte EQC startet Mitte 2019. Mercedes C 300 de T-Modell: Technische Daten
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