Die 2020er melden sich an: Nach Jaguar zeigt Mercedes sein Elektro-SUV. Der EQC kommt mit 408 PS und 450 Kilometern Reichweite. Alle Details zum Tesla-Gegner von Daimler.
Stuttgart/Stockholm – Häppchenweise die Neugier auf das neue Elektro-SUV in den letzten Tagen angefüttert. Ein paar Bilder, ein paar kurze Videos vom EQC. Da war schon klar: Offensiv trägt der erste elektrische Mercedes neuer Generation sein Innenleben nicht nach außen. Jetzt wurde in Stockholm das komplette Auto gezeigt. Mercedes bezeichnet es zur Premiere als „avantgardistisch“. Nun ja. Wir würden gefällig sagen. Und meinen das nicht negativ. Man will die Kunden nicht überfordern, das ist vermutlich eine gute Entscheidung. Daher der angetäuschte Kühlergrill, daher ähnelt die Form der des GLC, mit etwas mehr Eleganz. Im Innenraum wirkt das elektrische SUV ebenfalls vertraut. Es gibt neue Materialien, ein bisschen roségold und Lüftungsdüsen in Schlüsselform, aber die bekannte Mittelkonsole und den Widescreen vor dem Fahrer. Der EQC ist die Vorhut der sieben neuen E-Modelle, mit denen Daimler in die Elektrozukunft fahren will. Bis 2022 sollen insgesamt zehn reine E-Autos am Start sein. Die drei bereits erhältlichen Smart-Modelle inklusive. Der EQC zeigt erstmals die Bausteine der elektrischen Mercedes. Neben der reinen Hardware aus E-Motor und Akku geht es dabei um Services. Aber dazu später. Zunächst zur Hardware. Mercedes EQC (2019): Ein Motor, zwei PrioritätenQuelle: Daimler Mercedes setzt beim EQC zwei Elektromotoren ein, die zusammen 300 kW (408 PS) leisten. Vorne wie hinten sind die Motoren inklusive Getriebe, Differenzial, Kühlsystem und Leistungselektronik zu einer kompakten Einheit zusammengefasst, die eATS genannt wird (elektrischer Antriebsstrang). Die Motoren sind weitgehend identisch, aber unterschiedlich abgestimmt. Der Motor an der Vorderachse wurde auf Effizienz getrimmt. Er bedient den schwachen bis mittleren Lastbereich und könnte auch allein, etwa in einem kommenden EQA, zum Einsatz kommen. Der eATS an der Hinterachse zielt hingegen auf Performance. Er könnte alleine als mittlere Motorisierung für die elektrische Mittelklasse dienen, oder am unteren Ende der größeren Klassen. Gemeinsam stellen beide Motoren 765 Newtonmeter Drehmoment. Genug für eine Sprintzeit im EQC von 5,1 Sekunden bis Tempo 100. Die Momentverteilung zwischen den Achsen erfolgt dynamisch und vollvariabel mit Torque Vectoring. In umgekehrter Drehrichtung werden die Motoren zu Generatoren und speisen so beim Bremsen Energie in die Batterie. Fast 2,5 Tonnen Gewicht für den Mercedes EQCQuelle: Daimler Der Akku besorgt alleine 650 kg des Gesamtgewichts von 2.425 Kilogramm. 384 Pouch-Zellen, verteilt auf sechs Module (zwei mit 48, vier mit 72 Zellen) im Unterboden, verfügen über eine Kapazität von 80 kWh (210 Ah) und erreichen eine Maximalspannung von 408 Volt. Für die Reichweite nennt Mercedes noch keine endgültigen Zahlen, verspricht aber mehr als 450 Kilometer laut NEFZ. Vermutlich werden es letztlich ein paar Kilometer mehr. Kein beeindruckender Wert. Konkurrenten wie der Jaguar I-Pace oder der Audi e-Tron kommen mit ihren 90- bzw. 95-kWh-Akkus weiter. Eine Flüssigkeitskühlung hält das Akkupaket bei hohen Anforderungen auf Betriebstemperatur, bei Kälte wird die Batterie geheizt. Eine Wärmepumpe und zwei elektrische Zuheizer regulieren die Temperatur im EQC. Im Idealfall wird das Auto beim Laden vorklimatisiert. Das passiert wahlweise zuhause an der Steckdose, an einer Wallbox oder an einer Säule. Mit der Wallbox sind Ladeleistungen von 7,4 kW möglich, mit Gleichstrom per Schnellladesäule bis zu 110 kW. Dann dauert es rund 40 Minuten, bis der Akku von 10 bis 80 Prozent geladen ist. Auch hier kann man sich mehr wünschen. Schließlich baut Daimler gemeinsam mit Partnern ein Schnellladenetz mit Säulen auf, die bis zu 350 kW leisten. Der EQC fährt leiser als ein ElektroautoQuelle: Daimler Um Geräusche von den hochdrehenden E-Motoren aus dem Innenraum fernzuhalten, hat Mercedes die Antriebseinheiten zweifach entkoppelt. Gummilager isolieren sie vom Hilfsrahmen, der wiederum von der Karosserie entkoppelt ist. Bei einer ersten Mitfahrt konnten wir uns bereits davon überzeugen, dass das Konzept aufgeht. Der EQC fährt selbst für ein Elektroauto leise. Fünf Fahrmodi lassen sich im EQC anwählen. Comfort für den Alltag, Eco für niedrigen Verbrauch, Max Range für noch niedrigeren Verbrauch, Sport für, nun ja, sportliches Fahren und Individual für Sonderwünsche. Dazu lässt sich die Rekuperation über Schaltpaddel am Lenkrad in fünf Stufen variieren. In D-- lässt sich der EQC mit einem Pedal fahren, in D+ segelt er. Am ausgefuchstesten ist das Programm D Auto. Hier nutzt der Eco-Assistent Fahrzeugsensoren wie das Radar und die Stereokamera, Navigationsdaten und die Verkehrszeichenerkennung, um den Betriebszustand an die Fahrsituation anzupassen. Je nach Verkehr, Streckenverlauf und Tempolimits entscheidet das System, ob gesegelt oder rekuperiert wird. Dazu erhält der Fahrer entsprechende Hinweise. Infotainment: MBUX wird im EQC noch umfangreicherQuelle: Daimler Das Infotainmentsystem MBUX kann schon in der A-Klasse eine ganze Menge. Im EQC wird die „Mercedes-Benz User Experience“ noch umfangreicher. Natürlich zeigt das System Ladezustand, Reichweite und Energiefluss des Elektroautos an, außerdem Ladestationen im Navi. Vor allem aber verspricht Mercedes eine umfangreiche Vernetzung verschiedener Dienste. So lässt sich schon zuhause eine Route planen und die Abfahrtszeit einstellen, damit das Auto entsprechend vorklimatisiert werden kann. Die Route wird inklusiver benötigter Ladestopps berechnet. Schnellladestationen werden bevorzugt, die benötigte Ladezeit wird unter Berücksichtigung möglicher nächster Ladestopps einkalkuliert, um die Gesamtfahrzeit zu optimieren. Wer sich an die Empfehlungen hält, lädt also nur so viel wie nötig und geht flott wieder auf die Reise. Der Nutzer bekommt den voraussichtlichen Ladezustand beim Start mitgeteilt, ebenso die Ankunftszeit unter Berücksichtigung aller Stopps. Per Push-Nachricht kann man sich informieren lassen, wenn der Ladevorgang gestartet oder beendet ist. Der Dienst "Mercedes me Charge" soll Zugang zu Ladesäulen diverser Anbieter verschaffen und nicht an Landesgrenzen Halt machen. Bezahlt wird per App. Ganz nebenbei gibt der Mercedes EQC einen kleinen Ausblick auf die Assistenten in künftigen Mercedes-Modellen. Der intelligente Tempomat kann jetzt mehr, vor allem im Stau. Er reduziert schon vor einem Stauende die Geschwindigkeit auf 100 km/h und ist in der Lage, im Stau eine Rettungsgasse zu bilden. Unter 60 km/h orientiert sich der EQC dafür am äußeren Fahrbahnrand. Wie schon A-, E- und S-Klasse fährt der EQC nach bis zu 30 Sekunden Standzeit von alleine wieder an. Zudem bremst der EQC beim Abbiegen, falls ein Fahrzeug entgegenkommt. Flexible Produktion des EQC in BremenQuelle: Daimler Mercedes startet im kommenden Jahr mit der Produktion des EQC in Bremen. Er wird auf demselben Band wie C-Klasse und GLC montiert. Laut Mercedes erfolgt das so flexibel, dass der Hersteller kurzfristig auf die Kundennachfrage reagieren kann. Die Antriebsmodule eATS werden in Hamburg gebaut und für die Hochzeit mit der Karosserie nach Bremen geliefert. Die Batterien kommen aus Kamenz, wo die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive sie fertigt. Als zweiter Standort wird das Joint Venture Beijing Benz Automotive (BBAC) in Peking auf die Produktion für den dortigen Markt vorbereitet. Künftig sollen außerdem Rastatt, Sindelfingen, Tuscaloosa in den USA und Hambach in Frankreich EQ-Modelle bauen. Rastatt fungiert dabei als Kompetenzzentrum für kompakte Modelle, Sindelfingen für die Oberklasse. In Tuscaloosa werden vor allem elektrische SUVs gebaut. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Zunächst kommt Mitte 2019 der EQC auf den Markt. Preise verrät Mercedes so früh noch nicht. Der etwas schwächere GLC 43 4Matic, der geringfügig bessere Fahrleistungen bietet, startet als Coupé bei gut 67.000 Euro. Vermutlich wird der EQC nicht günstiger. Technische Daten Mercedes EQC
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