Heute um 15:30 Uhr startet das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Das Rennen lebt seit jeher von seinen Außenseitern. Wir stellen die interessantesten Teams der 2018er-Ausgabe vor.
Quelle: sb-Medien | Stefan Baldauf Nürburg - Heute um 15:30 Uhr startet Deutschlands wichtigstes Motorsport-Event: Das 24 Stunden-Rennen am Nürburgring ist das Duell der großen Sportwagen-Bauer. Der etablierten Rennställe. Der namhaften Champions. Und gleichzeitig so viel mehr als das. Wegen all jenen Teams und Fahrern, auf die rein gar nichts davon zutrifft. Den eigentlichen Stars der Eifel. Wir präsentieren die fünf buntesten Hunde unter den Underdogs. 1. Manager auf der StreckeAn lange Arbeitstage und harte Duelle in Deutschland ist er gewöhnt. Nur: Normalerweise tritt PSA-Boss Carlos Tavares an der Spitze eines Weltkonzerns an. Zum Beispiel, um den Sanierungsplan für Opel gegenüber Arbeitnehmervertretern zu verteidigen. An diesem Wochenende tauscht der 59-jährige Portugiese den Businessanzug gegen die feuerfeste Kluft. Als passionierter Rennfahrer nicht zum ersten Mal, aber als Debütant beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Quelle: Carlos Tavares Automotive Life & Vision via Facebook Der eingesetzte Opel Calibra gilt zwar nicht als Favorit. Aber das frontgetriebene Sportcoupé hat, was vielen GT3-Flundern (noch) fehlt: Eine glorreiche Historie. Dieser Calibra war bereits in den 90er-Jahren in der Deutschen Tourenwagen-Challenge am Start, holte 2000 den Titel. Ein 2,0-Liter Vierzylinder sorgt für rund 200 PS, Fahrwerk und Getriebe wurden unlängst vom TJ Racing-Team überarbeitet. Klar hätte Tavares auch zum stärkeren Peugeot 308 TCR greifen können – und dem modernen Kundensportfahrzeug aus dem Konzern damit zu mehr Aufmerksamkeit verholfen. Doch in Deutschland wolle der Automobil-Manager in nächster Zeit ausschließlich Opel fahren, hört man. Ob die IG-Metall und der Betriebsrat als Fanclub anreisen? Wir wünschen Tavares und seinem Team jedenfalls, dass es für die Calibra-Karosse zu keinem Zeitpunkt einen Sanierungsplan braucht. Für Fords Kommunikationschef Ralph Caba war die Fahrzeugwahl wohl einfacher: Die Marke strapaziert 2018 das Thema „Bullit“. Der Hollywoodstreifen mit Steve McQueen und einem dunkelgrünen Ford Mustang erschien vor genau 50 Jahren. Der Nürburgring-Mustang von OVR-Racing fährt mit dem Bio-Kraftstoff E20, startet damit in der Klasse für alternative Antriebe. Das Design stammt von Youtube-Held Jean Pierre Kraemer – weil eben nicht die gesamte Mustang-Zielgruppe auf fünf Jahrzehnte alte Hollywoodklassiker steht. 2. Vier Ladies und ein leichter ÖsterreicherDass es für schnelle Zeiten kein Y-Chromosom braucht, wissen wir spätestens seit Michele Moutons Rallye-Erfolgen in den 80er-Jahren. Doch ein rein weibliches Langstrecken-Team ist bis heute selten. Der KTM X-Bow GT4 wiegt ab 975 Kilo, der aufgeladene 2,0-Liter-Vierzylinder von Audi ist für mehr als 360 PS gut (beide Daten abhängig von der Balance of Performance). Ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe leitet die Kraft an die Hinterräder weiter. Quelle: KTMXBOW via Facebook Für die Praxis heißt das: Das eine oder andere Auto aus der großen GT3-Klasse könnten die Damen mit dem Sportwagen des österreichischen Herstellers abstauben. An der Erfahrung wird es bei Rahel Frey (u. a. ehemals DTM), Laura Kraihammer (GT4 European Series), Naomi Schiff (u.a. Formelsport) und der Nordschleifen-erprobten Laura Strycek nicht scheitern. Letztere ist die Tochter von Rennsportlegende Volker Strycek. Der Vater ist Teil eines weiteren KTM-Teams. Und daneben auf einem der beliebtesten Autos im ganzen Starterfeld gemeldet: dem Opel Manta von Kissling Motorsport/ Beckmann. Der rund 250 PS starke Manta B ging seit 1994 bei jeder Ausgabe des 24-Stunden-Rennens an den Start – traditionell mit Fuchsschwanz an der Antenne. 3. Snakeboarden für den guten ZweckQuelle: sb-Medien | Stefan Baldauf Die Viper stirbt aus. Auf dem Markt ist das Ende des Dodge-Sportwagens mit langer Haube besiegelt, auf der Rennstrecke absehbar. Nur ein einziges Exemplar startet beim 24-Stunden-Rennen 2017. Immerhin: Das wird auffallen. Eine bunte Truppe um Skateboard-Pionier Titus Dittmann steuert den giftgrünen Sportwagen. Für den guten Zweck: Der Teamname Skate Aid verweist auf ein Hilfsprojekt, bei dem Kindern aus Krisenregionen auf dem Brett die Probleme vergessen sollen. Der 8,3-Liter-V10-Saugmotor läuft ebenfalls mit E20-Benzin. Das Aggregat schickt 549 PS ins sequenzielle Getriebe. Theoretisch wäre mehr drin, doch reglementbedingt muss das Team die Leistung drosseln. Ob das der 1.460 Kilogramm schweren Viper den Giftzahn zieht? Mit 290 km/h Topspeed auf der längsten Geraden (Döttinger Höhe) gehörte sie 2017 zu den schnellsten Autos im Feld – bevor der Veranstalter den Ami wegen Lautstärkeüberschreitung aus dem Rennen nahm. Nun ist Skate Aid zurück - mit weniger Dezibel, doch ebenso lautstarkem Auftritt. 4. Rambo mit dem RhombusQuelle: sb-Medien | Stefan Baldauf Welches Renault-Modell die feinste Ware der etablierten Supersportwagen-Bauer fordern kann? Eines, das es genaugenommen gar nicht gibt. Die Bestzeit im freien Training am Donnerstag holte der RS01 der Mannschaft des GTronix 360 Team mcchip-dkr. Der Mittelmotor-Sportwagen entstand 2015 in kleiner Serie für die World Series by Renault, eine Straßenvariante bauten die Franzosen. Zumindest der Antrieb entstammt einem Serienmodell. Renault entlehnte den 550 PS starken, aufgeladenen V6 vom Nissan GTR. Im schnellsten erhältlichen Nissan wird die Kraft an alle vier Räder geleitet, Renaults extremer Markenpokal-Renner kommt mit Heckantrieb. 5. Der ExtravaganteQuelle: sb-Medien | Stefan Baldauf Mit dem Sportwagen auf eigener Achse nach Le Mans. Kennzeichen runter, 24 Stunden Vollgas. Und dann auf eigener Achse zum Abendessen nach Paris, am besten mit Pokal im Gepäck. Die Pläne des extravaganten Rennstallbesitzers James Glickenhaus könnten durchaus von Tesla-Gründer Elon Musk stammen. Die Umsetzung irgendwie auch – 2016 hätte der selbst entwickelte Sportwagen das Kunststück vollbringen sollen, passiert ist es bis heute nicht. 2017 stand der Supersportler mit Kohlefaser-Karosse beim 24-Stunden-Rennen auf der Pole, führte einige Zeit das Feld an. Im SCG 003 sorgt ein aufgeladenes 4,4-Liter-Aggregat theoretisch für mehr als 750 PS und jenseits der 800 Newtonmeter. Wie viel Leistung der V8 am Nürburgring tatsächlich an das Hewland-Getriebe weiterreicht, ist vom Reglement abhängig. Unter den Farbtupfen im Starterfeld hat der Glickenhaus (neben dem Renault RS01) die größten Chancen auf ein Topergebnis in der Gesamtwertung. Die Anreise zum 24-Stunden-Rennen 2018 absolvierte der SCG 003 übrigens genau so wie die Konkurrenzfahrzeuge: im Renn-Transporter. FazitQuelle: dpa / Picture Alliance Kleine, ambitionierte Privatteams und Projekte mit viel Herzblut bringen die Abwechslung. Für den opulenten Teil der Show sorgen immer noch die Großen, Etablierten. Was wäre das Hauptrennen ohne die GT4-Armada von Porsche? Wie schön ist doch der Kampf um den Gesamtsieg zwischen Audi, Lamborghini, Mercedes, BMW, Ferrari und den GT3-Rennern der Zuffenhausener? Im Vorprogramm liefern sich die Brot- und Butter-Hersteller spannende Tourenwagen-Schlachten mit den Rennversionen ihrer Kompakten. Und "ewige Sponsoren" lockern das Großevent ein wenig auf, man denke an die Drift-Show von Falken. Trotzdem: Wenn die Underdogs vorbeifahren, werden viele Fans die Daumen noch ein wenig fester drücken. ***** In eigener Sache: Wir verschicken unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. |