BMW oder Volvo, Plug-in oder Diesel? Wir haben den V90 T8 Twin Engine AWD mit dem 530d xDrive Touring in die Spur geschickt. Ein Duell der Marken und der Konzepte.
Tannisby – Ziemlich genau ein Jahr ist es her. Da verglichen wir an dieser Stelle den Volvo V90 mit dem T-Modell der E-Klasse. Bequem, geschmackvoll, mit reichlich Platz auf der Rückbank, für etwas weniger Geld – so lautete unser Fazit zum V90 D5. Auch der Benziner T5 hinterließ einen guten Eindruck im Alltagstest. Inzwischen hat BMW den Touring des aktuellen 5ers vorgestellt. Im Mai kam er auf den Markt. Volvo legte einige Motoren für die 90er nach. Zum Beispiel den T8 Twin Engine. Der Plug-in-Hybrid weist in die Zukunft. 2019 soll die Elektro-Offensive starten, mehr Plug-in-Versionen sollen folgen, außerdem Mild- und Volhybride und E-Autos. Das soll den CO2-Flottenausstoß senken. Quelle: mobile.de Den 5er Touring gibt es noch nicht als Plug-in. Für Langstreckenfahrer mit Leistungswunsch und dicker Brieftasche sind die großen Selbstzünder nach wie vor erste Wahl. Diesel-Diskussion hin oder her. Unser Vergleich zwischen 530d xDrive Touring und V90 T8 Twin Engine AWD ist also nicht nur ein Vergleich zwischen BMW und Volvo, sondern auch ein Vergleich der Konzepte. Wie steht es um den Plug-in als Alternative zum Selbstzünder? Ist der Diesel noch der „gute alte Diesel“ oder nur der „alte“? Kofferraum | Abmessungen | Platzangebot | KarosserieFragen, die wir beim Platzangebot so beantworten müssen: Volvo verbaut den 10,4-kWh-Akku im breiten Mitteltunnel. Dadurch bleibt im Fach unter der Armlehne gerade noch Platz für ein flaches Smartphone. Der BMW 5er – traditionell nicht für geräumige Ablagen bekannt – bietet ein tieferes Fach. Fahrer und Beifahrer sitzen im BMW etwas intimer. Das Armaturenbrett drängt weiter in den Innenraum. Weil es sich dabei verjüngt, fühlt man sich trotzdem nicht eingeengt. Volvo setzt auf aufrechte Formen, die nicht ganz so nah an die Brust rücken. So ähnelt sich das Raumgefühl in 5er und V90. Quelle: mobile.de Bis man hinten einsteigt. Der 5er ist bei der Kniefreiheit nur Kreisklasse, der V90 mindestens Bundesliga. Trotz ähnlicher Länge (4,94 m) und kürzerem Radstand (2,94 m vs. 2,98 m) bietet der Volvo deutlich mehr Raum für die Beine als der BMW. Der Quermotor macht den Unterschied. Bis ins Heck trägt der Volvo seinen Vorteil nicht. 560 Liter passen hinter die Klappe, der BMW lädt etwas mehr ein (570 l). Bei umgelegter Rückbank wächst der Vorsprung auf 1.700 gegen 1.526 Liter. Beide lassen die Lehnen elektrisch mit einem Handgriff aus dem Kofferraum oder durch die hintere Seitentür umfallen. Der Volvo klappt vorher noch die Kopfstützen ein. Clever. Mit flauschigem Teppich ausgeschlagen sind beide Laderäume, Gasdruckdämpfer halten die Ladeböden. Viel drunter passt weder hier noch da, beim T8 allerdings ist so gut wie gar kein Raum. Anders als bei den „normalen“ V90 braucht Volvo den Platz für die Hybridtechnik. Bei BMW gibt es zwei Fächer. Im vorderen sitzt der Dämpfer unpraktischerweise direkt in der Mitte, das hintere klappt so auf. Die Abmessungen im Vergleich
Innenraum | Verarbeitung | MaterialienLeder, Metall, Glanzlack, weicher Kunststoff. Der Volvo fuhr in Momentum-Ausstattung vor. Da sind Ledersitze mit Sitzheizung schon serienmäßig. Armaturenbrett und Türtafeln in Leder gibt es erst bei R-Line oder Inscription. Hier ist es Alu-Dekor. Holz fänden wir netter, kostet aber 270 Euro Aufpreis. Schön ist es im Volvo auch so. Die Oberflächen fühlen sich überwiegend gut an und sehen edel aus. Quelle: mobile.de Genauso der 5er. Im Testwagen war das Armaturenbrett mit Kunstleder bespannt, das gibt es mit der Ausstattung Luxury Line für 4.300 Euro extra, genau wie Ledersitze. Zumindest das Armaturenbrett fühlt sich auch in der Kunststoffversion schön an. Den Hochglanzlack bekommt BMW eine Spur besser hin als Volvo. Die Zierfläche gefällt uns auch hier in Holz besser als nur lackiert, doch dafür braucht es eine höhere Ausstattungslinie. Die Verarbeitung lässt in beiden Autos wenig zu wünschen übrig. Ein Passagier auf der Rückbank klagte im Volvo über leichte Zischgeräusche an der Fensterdichtung. Außerdem klappert die Armlehne zwischen den Rücksitzen im ausgeklappten Zustand. Das nervt etwas. Beim BMW klapperte nichts. Der 5er hinterlässt den etwas solideren Eindruck. Infotainment | Radio | KonnektivitätHochkant oder quer? BMW setzt den 8,8-Zoll-Bildschirm des Infotainmentsystems waagerecht auf das Armaturenbrett, Volvo richtet sein 9-Zoll-Display senkrecht aus. Das BMW-System ist in der neuesten Ausbaustufe immer noch kompliziert zu bedienen, die Menüführung verwirrt an manchen Stellen. Besser als vorher, aber noch immer nicht perfekt. Volvo macht das besser. Wer das System einmal verstanden hat - das dauert ungefähr 30 Sekunden - findet schnell alles, was er sucht. Der Homescreen zeigt übereinander die wichtigsten Menüfunktionen. Mit einem Wisch nach links gelangt man zu allen Fahrfunktionen, etwa den Assistenzsystemen. Rechts vom Homescreen lagern zum Beispiel Apps und Infotainment. Von oben lässt sich das Menü für die Grundeinstellungen ausklappen, von unten fürs Klima. Der 5er bringt ab Werk ein Navigationssystem mit sowie einige Online-Dienste. Volvo verlangt für die Navi-Funktion im Rahmen des Businesspakets (inkl. digitale Instrumente) 1.500 Euro Aufpreis. Dafür sind Echtzeitverkehrsinfos (RTTI) inklusive, ebenso die Smartphone-Anbindung über Apple Carplay und Android Auto. Für Carplay verlangt BMW 300 Euro extra, Android Auto gibt es nicht. RTTI kostet 160 Euro extra - oder ist im Navi-Paket ConnectedDrive für 2.200 Euro enthalten. Das liefert überwiegend sehr präzise Verkehrsinfos und gute Routenvorschläge. Das Volvo-Navi schlägt zuweilen sonderbare Routen vor, die nicht die versprochene Zeitersparnis bringen. Assistenzsysteme | SicherheitQuelle: mobile.de Serienmäßig bietet Volvo mehr Assistenten. „Intellisafe“ heißt das System und umfasst Abstandstempomat, Spurhalter, Stauassistent, Verkehrszeichenerkennung und Pilot Assist. Damit hält der V90 selbstlenkend die Spur, leider nicht besonders gut. Das System steuert den Volvo zu oft nah an Spurmarkierungen oder Richtung Leitplanke, etwa in Baustellen. Dabei lenkt der Pilot Assist mit so viel Kraft, dass man gegen ihn ankämpfen muss, wenn man eine andere Linie bevorzugt. Außerdem steigt er oberhalb von 130 km/h aus. Das ist so beabsichtigt, geschieht jedoch ohne Vorwarnung. Der BMW 5er hält mit dem Driving Assistant Plus intuitiver die Spur. Er bleibt den Markierungen – oder der Gegenfahrbahn – fern und lenkt weniger aufdringlich. Das System kämpft nie gegen den Fahrer, sondern unterstützt. Zwischen 70 und 180 km/h wechselt der 5er auf mindestens zweispurigen Fahrbahnen sogar weitgehend selbständig die Spur. Der Fahrer muss nur blinken. Leider lässt BMW sich das große Assistenzpaket mit 2.800 Euro bezahlen. Bei Volvo gibt es das meiste serienmäßig, den Rest (Toter-Winkel- und Querverkehrswarner, Heckaufprallabschwächung) für 600 Euro zusätzlich. Antrieb | Motor | GetriebeDer Hybrid mit Steckdosenanschluss gilt in Zeiten der Dieselkrise als Ausweg beim Thema CO2 und Schadstoffe. Taugt er in der Praxis als Ersatz für den Diesel? Erstes Problem: Volvo bietet die „Twin Engine“ bislang nur als Topmodell an. Der 2,0-Liter-Benziner wird per Kompressor und Turbo auf 320 PS und 400 Newonmeter aufgeblasen. An der Hinterachse unterstützt ein 87 PS starker E-Motor mit 240 Newtonmeter Drehmoment. Massenhaft Leistung also für ein Auto, das sparen soll. Im 530d xDrive arbeitet ein 3,0-Liter-Turbodiesel mit vergleichsweise bescheidenen 265 PS. Der Reihensechser schickt 620 Newtonmeter an die Achtgang-Automatik, die die Kraft auf alle vier Räder verteilt. Beim Spurt bis 100 km/h hängt der BMW trotzdem hinterher: der T8 braucht 4,8 Sekunden, der 5er 5,6 Sekunden. Der nur um 0,1 Sekunden unterlegene 540d stand leider nicht zur Verfügung. Quelle: mobile.de Sprintzeiten sind für V90 und 5er Touring aber nicht entscheidend. Beide sind Businesskombis, gebaut für die lange Strecke. Auf der klassischen Pendelstrecke spielt der Plug-in-Hybrid seine Stärken aus: Mit vollem 10,4-kWh-Akku soll der Kombi 50 Kilometer weit rein elektrisch fahren. Das schafft er im Stadtverkehr nicht, etwas mehr als 30 Kilometer waren aber drin. Strecken dieser Größenordnung legt der Hybrid ohne Spritverbrauch und Schadstoffausstoß zurück. Je länger die Strecke, desto schlechter steht der T8 aber da. Auf einer längeren Autobahnfahrt in moderatem Tempo genehmigte sich der V90 mehr als 10 Liter im Schnitt. Wer ein Reisetempo von maximal 160 km/h anpeilt, landet bei etwa 12 Litern. Der 530d begnügt sich bei ähnlichem Fahrprofil mit um die sieben Litern. Das ist kein Volvo-Problem, sondern ein Problem des Plug-in-Hybrids. Der kämpft auf langen Strecken mit dem Zusatzgewicht des E-Motors und des Akkus. Der V90 T8 AWD bringt 2.101 Kilo auf die Waage, der 530d xDrive Touring wiegt 1.875 Kilo. Solange nur der E-Motor arbeitet, stört im Volvo nur die brummende Heizung die Stille. Bis 125 km/h geht es rein elektrisch, darüber sinkt der Akkustand rapide. Der Verbrenner springt ein, und es ist vorbei mit der Stille. Der leistungsstarke Vierzylinder arbeitet recht rau und laut. Der BMW-Diesel läuft im Vergleich seidig und viel ruhiger. Der Reihensechser (B57) wird zwar bei hohen Drehzahlen etwas kerniger, behält aber seine geschmeidige Tonart. Er spricht spontan an und schiebt den 5er druckvoll nach vorne - auch wenn der Volvo hier noch mehr kann. Der E-Motor schmeißt den V90 bei der kleinsten Gaspedalbewegung ansatzlos nach vorne. Fahrverhalten | Fahrwerk | LenkungDer Volvo V90 ist trotzdem kein Sportler. Die Lenkung ist ordentlich, aber auf Komfort ausgelegt. Bei hohen Geschwindigkeiten fühlt sich der V90 satt und stabil an, in Kurven fehlt es aber an Gefühl und Direktheit. Das Fahrwerk legt Volvo auf Stabilität statt auf Agilität aus. Das passt prima zusammen, nur nicht so gut zu den mehr als 400 PS des T8. Quelle: mobile.de BMW wählt eine komplett andere Abstimmung. Die Lenkung direkter, die hecklastige Allradauslegung und die agile Fahrwerksbalance machen den 5er zum sportlicheren Kombi. Ein bisschen komfortabler federt er trotzdem. Er rollt sanfter ab und schluckt Schlaglöcher und Kanten im Comfort-Modus nachgiebiger. Dem Fahrwerk des Volvo merkt man an, dass es sehr viel Gewicht abfangen muss. Beide Autos standen vorne auf Stahlfedern, hinten federten sie mit Luft. Im 5er gibt es das serienmäßig, die adaptive Hinterachsluftfederung im Volvo kostet 1.970 Euro, die einfache Version gibt es ab 1.350 Euro. BMW bietet zwei Ausbaustufen an. Für 1.190 Euro gibt es adaptive Dämpfer, für 3.550 Euro ein Fahrwerk mit Wankausgleich. Ausstattung | Preis | FazitDer V90 T9 kostet als Topmodell im Volvo-Programm mindestens 72.800 Euro. Die Zahl schockt, auch in diesem Vergleich: Der BMW 530d xDrive steht ab 60.500 Euro in der Liste. Der leistungsmäßig eher passende 540d xDrive liegt mit 66.700 Euro immer noch deutlich unter dem V90. Dessen Preis relativiert sich etwas, wenn man die serienmäßige Sicherheitsausstattung und das Momentum-Paket berücksichtigt. Das allein kostet sonst fast 5.000 Euro extra. Wer auf den Prämien-Zuschuss von 3.000 Euro für Plug-in-Hybride hofft, wird enttäuscht. Der T8 liegt mit einem Nettolistenpreis von knapp 61.180 Euro über dem Förder-Limit. Und zwar ärgerlich knapp: Den Bonus gibt es bis 60.000 Euro netto. Quelle: mobile.de Bei vergleichbarer Ausstattung bleibt auch der stärkere BMW 540d günstiger als der V90 T8. Die Luxury Line für Kunstleder auf dem Armaturenbrett und Ledersitze kostet 2.500 Euro, das volle Assistenzpaket und adaptive LED-Scheinwerfer liegen im Paket (inklusive Head-up-Display) bei 2.950 Euro. Mit Parkhilfe, TV-Funktion und großem Navi addiert sich der Preis auf knapp 77.000 Euro. Beim Volvo V90 T8 landet man inklusive Navi, LED-Licht, Einparkhilfe, Intellisafe und weiteren Kleinigkeiten allerdings bei fast 80.000 Euro. Das ist viel Geld für ein Auto, das eine sehr spitze Zielgruppe bedient. Die sieht ungefähr so aus: Gemütliche Pendler, die selten mehr als 100 Kilometer zwischen zwei Akkuladungen fahren. Dann lassen sich Benzin-Verbräuche unter Dieselniveau erreichen. Dafür braucht allerdings niemand mehr als 400 PS. Andererseits: Der Diesel im 530d bietet ebenfalls unvernünftig viel Leistung - und darf womöglich irgendwann nicht mehr in Innenstädte. Unabhängig vom Antrieb stellt der Volvo V90 eine reizvolle Alternative zum BMW 5er Touring dar. Das Basisangebot an Sicherheitssystemen ist Spitze. Verarbeitung und Materialien liegen auf hohem Niveau. Der BMW 5er überzeugt hier aber noch mehr. Beim Infotainment bietet BMW viel Funktionalität mit leichten Bedienschwächen - und Volvo die bessere Struktur, aber leider nur mit Touchscreen. Und: BMW liefert den sportlicheren Kombi, ohne Abstriche beim Komfort. Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. Technische Daten
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