Diesel-Skandal: Ein Audi-Techniker belastet den Audi-Vorstand. Audi-Chef Rupert Stadler soll schon 2010 von Unregelmäßigkeiten bei der Abgasreinigung gewusst haben.
München – Oberflächlich sieht es gut aus für Rupert Stadler. Mitte Mai war sein Vertrag als Audi-Chef bis 2022 verlängert worden. Dabei läuft sein aktueller Vertrag noch bis 2019. So drückt man Vertrauen aus. Alles gut, Stadler hat sich nichts zu Schulden kommen lassen – das sollte das Signal sein, das der von VW-Chef Matthias Müller geführte Aufsichtsrat aussenden wollte. Stadler stand unter Beschuss. Doch kürzlich verlängerte Verträge können aufgelöst werden. Und die Einschläge kommen Stadler näher. Der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung" ("SZ"), NDR und WDR berichtet über ein 28 Seiten langes Dokument, das insgesamt 44 Vorgänge enthalte – und den gesamten Audi-Vorstand belaste. Auch Stadler. Die Verteidiger des früheren Audi-Technikers Giovanni P. sollen das Papier der Staatsanwaltschaft München II übergeben haben. Giovanni P. sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Der Vorwurf lautet auf Betrug an rund 80.000 Diesel-Kunden in den USA. Chronik der Abgas-Affäre bei Audi: Wer, wann, was?In den Unterlagen wird offenbar genau aufgelistet, wer innerhalb des Audi-Konzern wann was gewusst habe. Es soll Giovanni P. entlasten, der demnach nur ein kleines Licht im Diesel-Skandal gewesen sei. Bereits 2006 soll ein leitender Motorenentwickler Führungskräfte darüber informiert haben, dass die AdBlue-Tanks für die Diesel-Abgas-Reinigung zu klein gewesen seien. In der Folge soll die Adblue-Einspritzung im Straßenverkehr weitgehend ausgeschaltet worden sein. So reichten die Tankgrößen. Der damalige Audi- und spätere VW-Chef Martin Winterkorn soll informiert worden sein. Giovanni P. selbst will 2007 Führungskräfte über Probleme beim VW Touareg informiert haben, 2008 sollen zwei Spitzenmanager von Audi und VW per E-Mail Hinweise bekommen haben. Sie sollen Anweisungen zur Reduzierung der Abgasreinigung gegeben haben - jedenfalls indirekt: Die entsprechende Warnleuchte für das Nachfüllen des Harnstoffs sollte frühestens nach 11.500 Meilen blinken. Noch keine Ermittlungen gegen Audi-VorstandUm welche Manager es genau geht, verrät die "SZ" nicht, um Ermittlungen nicht zu gefährden. Ab 2010 sei jedoch der gesamte Vorstand wiederholt über das AdBlue-Problem informiert worden. Spätestens dann soll auch Stadler eingeweiht gewesen sein. Erst 2014 hätte der Vorstand jedoch entschieden, dass Autobesitzer selbst AdBlue nachfüllen dürfen. Allerdings nur bei neuen Modellen. Gegen den Vorstand ermittelt die Staatsanwaltschaft noch nicht, wie sie der "SZ" mitteilte. Die Angaben von Giovanni P. würden noch geprüft. Der Nachrichtenagentur dpa gegenüber wollte die Justiz sich nicht zum Inhalt und zur Bewertung der Angaben von Giovanni P. äußern. Möglich wäre nach Einschätzung der "Süddeutschen" zumindest ein Bußgeldverfahren wegen der Verletzung von Amtspflichten gegen Rupert Stadler und weitere Vorstände. Laut einem Bericht der deutschen Presseagentur sei ein solches bereits im Gange, konkrete Namen nannte die Staatsanwaltschaft allerdings nicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung |