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50 Jahre Mazda-Wankel: Vom Cosmo bis zum RX-Vision - Mazdas Kreiskolben-Story mit offenem Ende

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Vor 50 Jahren ging Mazdas erstes Auto mit Wankelmotor in Serie, vor 14 Jahren das bisher letzte. Verkündet der Hersteller auf der Tokio Motor Show 2017 Neues zum Antrieb?

Mazda Cosmo Sport ab 1967: Der japanische Wankel-Sportler kam sogar einige Monate vor dem NSU Ro80 auf den Markt und ist das erste Serienmodell mit dem Antriebskonzept Mazda Cosmo Sport ab 1967: Der japanische Wankel-Sportler kam sogar einige Monate vor dem NSU Ro80 auf den Markt und ist das erste Serienmodell mit dem Antriebskonzept Quelle: Mazda

Köln - Dieser Motor ging mit ordentlich Vorschusslorbeer an den Start: Technisches Weltwunder“, „Zeitenwende“ und „Zukunft des Automobils“. Die Euphorie in Fachmedien und bunten Blättern kannte keine Grenzen, als vor 50 Jahren die ersten Serienfahrzeuge mit Zweischeiben-Kreiskolbenmotor enthüllt wurden. Das Motorenprinzip, bei dem rotierende Scheiben das Auf und Ab von Kolben ersetzen, besitzt große Vorteile: außergewöhnliche Laufruhe, geringes Gewicht und kompakte Bauweise. Aber auch Nachteile, wie Autobauer und Kunden feststellen mussten.

Ohne Mazda wäre Felix Wankels Erfindung - der Kreiskolbenmotor, wahrscheinlich schon längst in Vergessenheit geraten Ohne Mazda wäre Felix Wankels Erfindung - der Kreiskolbenmotor, wahrscheinlich schon längst in Vergessenheit geraten Quelle: Mazda Die Vorreiterrolle übernahm der Mazda Cosmo Sport 110 S. Der wurde schon 1964 als spektakulärste Studie der Tokio Motor Show gefeiert und schrieb 1967 Geschichte als erstes Serienauto mit leistungsstarkem Zweischeiben-Wankel-Motor. Flankiert wurde er von gleich zwei weiteren Mazda Rotary-Concept-Cars. Auch mit dem von Felix Wankel entworfenenen Motor stieg die bis dahin kaum bekannte Marke aus Hiroshima zum global erfolgreichen japanischen Automobilhersteller auf.

Denn niemand außer Mazda machte den Motor des deutschen Erfinders zu einem Millionseller. Auch nicht der deutsche Hersteller NSU, der Mazda zwar die Lizenz an dem Antrieb verkaufte, aber 1967 seine avantgardistische Kreiskolben-Limousine Ro 80 erst drei Monate später einführen konnte.

Für Mazda bedeutete der Kreisbolbenmotor eine Art Lebensversicherung. Nur mit dem Wankel konnte sich Mazda gegen staatliche Fusionsvorgaben widersetzen. Heute ein weitgehend vergessenes Kapitel der Automobilhistorie: Staatsführungen, die festlegten, welche Autobauer für das nationale Wirtschaftswohl wichtig waren - und welche entbehrlich. Das gab es zum Beispiel in Frankreich und Spanien, und eben auch in Japan. Mazda wurde 1960 angewiesen, mit anderen Kleinwagenherstellern zu fusionieren, um Japans Rolle als Automobilexporteur zu stärken. Dagegen jedoch wehrte sich Mazda-Chef Tsuneji Matsuda.

Mazda entwickelt den Wankel standfest

Tsuneji war der Sohn des Mazda-Gründers Jujiro Matsuda. Widerstände waren für Mazda damals nichts Neues. Man hatte 1945 nur drei Monate nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima die Produktion wieder starten können. Da würde man wohl auch mit Japans Regierung fertig. Matsuda nutzte seine Kontakte zu NSU in Neckarsulm und wurde 1961 einer der ersten Lizenznehmer des revolutionären Kreiskolbenmotors.

Dieser Kontrakt war ein Ereignis nationaler Bedeutung, zu dem die japanische Regierung in einem offiziellen Akt ihre Zustimmung gab. Damit begannen für Mazdas Ingenieure die Schwierigkeiten, denn vor den Hürden der neuartigen Technik kapitulierten fast alle anderen Hersteller. Selbst NSU schaffte es nicht, beim Spider 1964, dem ersten Serienmodell mit Einscheiben-Wankel, alle gravierenden Probleme zu lösen. Das Auto litt unter kurzlebigen Dichtleisten.

Mazda RX-3 als Limousine und Coupé Mazda RX-3 als Limousine und Coupé Quelle: Mazda Mazda-Chef Matsuda richtete 1963 ein Kreiskolbenmotoren-Entwicklungszentrum ein, unter Führung des als „Rotary-Magier“ bekannt gewordenen Kenichi Yamamoto. Den Japanern gelang es, in nur zwei Jahren die Fertigungsqualität der Materialien zu optimieren und die Motoren standfest zu bekommen. Standfester als manche Hubkolbenmotoren sogar: Das belegte der Kreiskolben-Pionier Cosmo Sport 110 S bei seinem allerersten Motorsporteinsatz.

1968 sicherte sich dieser Mazda einen respektablen vierten Platz beim über 84 Stunden gehenden Marathon de la Route auf dem Nürburgring. Der Auftakt für mehr als 100 Siege von Mazda mit Rotationskolben-Motoren in Tourenwagen-Serien, und für den bisher einzigen Gesamtsieg eines japanischen Teilnehmers in Le Mans. Siege, die den Rotary-Hype auf der Straße für Mazda befeuerten. Wankel-Lizenzgeber NSU konnte dagegen nie wirklich gute Verkaufszahlen mit der Technik erzielen.

NSU mag nicht mehr, Mazda schon

Tatsächlich fuhr das Mazda-Entwicklungsteam 1968 mit dem brandneuen Serienmodell Cosmo Sport eigens zu den NSU-Technikern, um die Zukunft des Kreiskolbenkonzepts zu diskutieren. Aber der Neckarsulmer Kleinwagenmarke fehlte es schon an finanziellen Mitteln für diese Zukunft. Ab 1969 war Geld dank des VW-Konzerns nicht mehr das Problem, dafür mangelte es nun an Entschlossenheit, weitere Wankel in Serie gehen zu lassen.

Anders bei Mazda. Dort folgte auf den Cosmo Sport ein Jahr später der weltweit in mehr als 100.000 Einheiten verkaufte Mazda R100 sowie 1969 der luxuriöse Gran Turismo Luce R130. In den USA hatte Anfang der 1970er-Jahre schon jeder zweite Mazda einen Kreiskolbenmotor unter der Haube, und zwar in den Karosserieversionen Limousine, Coupé und Kombi, bei RX-2, RX-3 und RX-4.

1991 gewann der Mazda 787B das legendäre 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1991 gewann der Mazda 787B das legendäre 24-Stunden-Rennen von Le Mans Quelle: Mazda Hinzu kam in der Mazda-B-Serie ein einzigartiger Rotary-Pickup. Mit dem 26-sitzigen Parkway debütierte der erste Reisebus mit Kreiskolbenmotor. Nur in Japan gab es den Mazda Roadpacer AP, einen Repräsentationslimousine mit Kreiskolbenmotor. In Deutschland war das Mazda RX-3 Coupé, ab 1973 das exklusive Spitzenmodell und erreichte Achtungserfolge gegen den Citroen GS Birotor, der seine Kreiskolben nur einen Sommer lang rotieren ließ. Denn die erste Ölkrise entlarvte eine Achillesferse der Kreiskolben-Technik, den hohen Verbrauch.

Projekt "Phoenix" senkt den Verbrauch

Gegen die abstürzenden Verkaufszahlen rief Mazda unter Leitung von Yamamoto das Projekt Phoenix ins Leben. 1978 zur Vorstellung des Sportwagens RX-7 erklärte dieser: „Der mythische Vogel, der aus der Asche neu entstand, war auch das Symbol unserer Stadt Hiroshima. Sie erhob sich wieder aus den Trümmern, gleiches gelang uns.“ Der Spritkonsum des neuen Wankel-Modells RX-7 war konkurrenzfähig.

In den USA gewährte Mazda 150.000 Kilometer Garantie, das war einzigartig. Der Sportler mit den markanten Klappscheinwerfern verkaufte sich in drei Generationen weltweit über 800.000-mal. Fast schon nebenbei schlug er in Amerika seinen wichtigsten Gegner, den Porsche 924. Auch auf den Porsche 928 fand Mazda eine Antwort, den vor allem für den japanischen Markt konzipierten Eunos Cosmo, der ab 1990 als erstes Serienfahrzeug mit Dreischeiben-Kreiskolbenmotor vorfuhr.

Mazda RX-8 ab 2003

Mit dem RX 8 kam der bislang letzte Wankelmotor-getriebene Mazda auf den Markt Mit dem RX 8 kam der bislang letzte Wankelmotor-getriebene Mazda auf den Markt Quelle: Mazda Alles neu machte 2003 der Mazda RX-8 mit vier gegenläufig öffnenden Türen ohne B-Säulen. Ein unkonventionelles Meisterstück, aber auch eine Art vorläufiger Schwanengesang. Zuerst gewann der RX-8 mit neu entwickeltem Zweischeiben-Kreiskolbenmotor mehrfach den begehrten Award „International Engine of the Year“ und 40 Weltrekorde bei Langstreckentests.

Dann demonstrierte eine Flotte von Mazda RX-8 Hydrogen RE und Mazda5 RE in Japan und Norwegen die Eignung des Wankelmotors für Wasserstoffantrieb. Und trotzdem kam 2012 das ersatzlose Aus für den Mazda RX-8 und seine Wankeltechnik. Einmal mehr bekamen die Techniker den Verbrauch nicht in den Griff: konventionellen, modernen Hubkolbenmotoren war der Wankel hier unterlegen.

Wie geht es weiter mit dem Wankel?

Hat der Wankel bei Mazda noch eine Zukunft? Da sendete der Hersteller aus Hiroshima zuletzt unterschiedliche Signale. 2015 präsentierte man auf der Tokio Motor Show das Sportwagen-Concept RX Vision. Und gab bekannt, dass man unter dem Projektnamen "Skyactiv-R" durchaus weiter am Kreiskolbenmotor forscht. Patentzeichnungen tauchten im Internet auf.

Ebenfalls im Herbst 2015 gab Mazda-Entwicklungschef Kiyoshi Fujiwara zu Protokoll, dass er sich die Tokio Motor Show 2017 schon im Kalender angestrichen habe. Dass der Skyactiv-R-Prototyp funktioniert. 50 Jahre Wankel, da musss Mazda doch was draus machen.

Allerdings: Es verdichten sich die Anzeichen, dass Mazdas Vorstand um den CEO Masamichi Kogai kein grünes Licht für Fujiwaras Wankel-Sportler gegeben hat. Mazda arbeitet mit Hochdruck an der Elektrifizierung seiner Antriebe, die schon im übernächsten Jahr in Serie gehen soll. Dafür gründete Mazda ein neues Joint-Venture mit Toyota. Kogai sagte Ende 2016: Wenn es einen neuen Wankel gibt, dann in einem Hybrid-Konzept - zum Beispiel als Range-Extender.

Oder überrascht Mazda auf der Heimatmesse doch mit einer Fortsetzung der 50 Jahre alten Kreiskolben-Story? Angekündigt wurden andere Neuheiten. Die Tokio Motor Show 2017 startet am 25. Oktober.

Wichtige Mazda Modelle mit Kreiskolbenmotor:

  • Mazda Cosmo Sport 110 S (1967-1972) mit 2 x 491 ccm-Kammervolumen, 110 PS - 128 PS;
  • Mazda R100 (1968-1973) mit 2 x 491 ccm-Kammervolumen,100 PS;
  • Mazda Luce R130 (1969-1971) mit 2 x 655 ccm-Kammervolumen, 126 PS;
  • Mazda RX-2 (1970-1978) mit 2 x 573 ccm-Kammervolumen, 120 PS - 130 PS;
  • Mazda RX-3 (1971-1977) mit 2 x 573 ccm-Kammervolumen, 95 PS;
  • Mazda RX-4 (1972-1978) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 115 PS - 130 PS;
  • Mazda Parkway Rotary Bus (1974-1976) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 135 PS;
  • Mazda Roadpacer AP (1975-1977) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 135 PS;
  • Mazda RX-5 (1975-1978) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 115 PS;
  • Mazda RX-7, Generation 1 (1978-1985) mit 2 x 573 ccm-Kammervolumen, 105 PS - 165 PS;
  • Mazda RX-7, Generation 2 (1985-1985) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 150 PS - 200 PS;
  • Eunos Cosmo (1990-1995) mit 3 x 654 ccm-Kammervolumen, 280 PS, bzw. mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 238 PS;
  • Mazda RX-7, Generation 3 (1991-2003) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 240 PS - 280 PS;
  • Mazda RX-8 (2003-2012) mit 2 x 654 ccm-Kammervolumen, 192 PS - 238 PS.

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Quelle: SP-X (Wolfram Nickel)

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