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85er 911 Targa aus Freiburg

Porsche
Themenstarteram 20. Juli 2014 um 11:44

http://suchen.mobile.de/.../196688212.html

Wenn ich diese Anzeige lese, kommen bei mir gewisse Erinnerungen hoch...

Der Wagen wurde im Vorfeld bereits von privat angeboten, damals noch für VB 33.500. Es waren im Netz nur wenige Fotos zu sehen. Der Besitzer - ein Freiburger Geschäftsmann - war nach eigener Aussage Mitglied im dortigen Oldtimerclub und wolle sich nun wegen seines fortgeschrittenen Alters von einem seiner Schätzchen trennen. Das PZ sei bei ihm um die Ecke und er erweckte den Eindruck, dass der Wagen auch dort gepflegt worden war. Der Wagen habe angelich während der US-Zeit in Florida und in Texas gestanden, ein Carfax läge jedoch nicht vor. O-Ton am Telefon: "Carfax, was ist denn das?".

Nachdem ich aus der deutschen Fahrgestellnummer die amerikanische VIN rekonstruiert hatte, habe ich ein Carfax angefordert. Ergebnis: Der Wagen stand die ersten acht Jahre (um den Dreh) in Illonois im Saltbelt und kam dann nach Umwegen über die Südstaaten nach Texas. Zumindest rostfrei sollte er jedoch sein und eine Motorrevision gab es angeblich auch.

Vor Ort zeigte sich das Fahrzeug in einem Zustand, den ich jedenfalls nicht mit "sehr gut", sondern eher mit "starke Gebrauchsspuren" bezeichnen würde. Ok, insoweit mögen die Ansichten auseinander gehen.

Die Einfassungen der vorderen Scheinwerfer wirkten, als seien sie mit Plakkafarbe bemalt worden, jedenfalls war die Farbe viel zu dick aufgetragen und blätterte bereits stellenweise ab.

Im Kofferraum befand sich eine Querstange, die an eine Domstrebe erinnert. Dort war angeblich die "Nachrüstklimaanlage" befestigt, die sich jedoch als Blaupunkt-Verstärker herausstellte. Zudem wurde ein Schalter installiert, mit dem sich die Batterie abklemmen ließ.

Der Wagen hat einige Dellen, unter anderem auf der Motorhaube, dem vorderen rechten Kotflügel und auf der Heckklappe. Der Schweller hinten links dürfte gespachtelt gewesen sein, jedenfalls fiel der Magnet ab. Rost konnte ich keinen sehen, aber dafür ziemlich schlechte Nachlackierungen. Der Rahmen des Targadachs war verrostet und der Bezug hatte ein Loch.

Im Innenraum fällt auf, dass der Fahrersitz ein Loch im Durchmesser von ca. 3cm hat - kann auch größer gewesen sein. Es wirkt, als habe jemand mit einem Schraubenzieher reingestoßen und ihn mehrmals dabei gedreht. Vielleicht war es auch ein Einschussloch, keine Ahnung. Jedenfalls war es auf den Fotos vom Sitz natürlich nicht zu sehen.

Beim Anlassen produzierte der Motor eine Weile lang weiße Wolken, was wohl auf Kondenswasser zurückzuführen ist. Gebläut hat er nicht, aber der Preis der "Motorrevision" lag jedenfalls weit unter dem, was die üblichen Fachbetriebe für sowas ansetzen.

Der Wagen hat in Deutschland nur einen Vorbesitzer, nämlich ihn. Davor hatte er Vorbesitzer in den USA. Gekauft hat er den Wagen angeblich von einem Griechen, der einen US-Import aufbauen wollte, aber mittlerweile wieder geschlossen hat. Er selbst hatte den Wagen seit 3-4 Jahren und in der Zeit mit dem Wagen gerade mal 900 km gefahren. Einmal nach Italien und zurück angeblich.

Ein Scheckheft war zwar nicht vorhanden, er hatte aber angeblich bei Porsche ein neues nachbestellt...

Bei der Probefahrt - ich ließ ihn fahren - bekam er den dritten Gang mehrfach nicht rein. Ok, kann auch am 915 gelegen haben. Zudem leuchtete eine Bremsanzeige auf, was irgendwas mit der Handbremse zu tun hatte. Er hat jedenfalls an der Handbremse rumgefummelt, dann ging das Licht für ein paar Sekunden aus.

Auf eine eigene Fahrt habe ich verzichtet und mich direkt zum Bahnhof bringen lassen. Er wollte mit dem Preis noch auf 30.000 € runtergehen, aber ich hätte den Wagen nicht mal für 20.000 € genommen. Mein subjektiver Eindruck war, dass es in Holland für die Hälfte des Preises noch bessere Fahrzeuge gibt, aber vielleicht waren meine Erwartungen auch einfach zu hoch. Immerhin war es kein Neuwagen...

Wochen später kam dann sogar nochmal ein Anruf, da wollte er noch weiter mit dem Preis runtergehen, aber ich habe dankend abgelehnt. Daraufhin ging der Wagen in den Kundenauftrag. Wo sich beim Vierspeichen-Lenkrad der Fahrerairbag verbergen soll, muss mir die Firma mal erklären. Die angebliche Servolenkung überrascht mich auch ein wenig. Vielleicht ist der Wagen besser als ich dachte.

Mich hat die Aktion 29.95 € für das Carfax, einen kompletten Tag und einmal ICE von Frankfurt nach Freiburg und zurück gekostet.

Beste Antwort im Thema

Zitat:

Original geschrieben von RNeville

Es kann natürlich auch daran liegen, dass mir als Rechtsanwalt, wenn es um's Geld geht, einfach berufsbedingt die nötige Naivität fehlt.

Naja, es ist schon naiv hier seitenweise Texte zu verfassen, während Du in der Zeit die 10.000.- Aufschlag als Rechtsanwalt schon dicke wieder drinnen hättest.

Rechtsanwaltsrechnungen sind übrigens auch nicht immer günstig (ums mal milde auszudrücken).

Also: mal hier ne´Woche Pause machen, dafür ein paar Leute antwaltlich vertreten und dann den Traumelfer für ein paar Euro mehr kaufen. Guter Vorschlag?

Gruß AiG

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88 Antworten
am 20. Juli 2014 um 12:55

danke für den sehr ausführlichen bericht !!! öffnet einem mal wieder die augen....

Themenstarteram 21. Juli 2014 um 5:26

Die Originalanzeige lief übrigens auch über Autoscout und ist immer noch online: http://www.autoscout24.de/Details.aspx?id=253107165&asrc=st|as

P.S.: Bei Interesse schreibe ich auch noch einen Bericht zu dem Wagen aus Taunusstein, dem mit dem lückenlosen Scheckheft (bis 1996) und der Motorrevision (für 2.800 €).

am 21. Juli 2014 um 10:53

hallo RNeville.

.... interessanter Beitrag.

- Carfax - habe ich auch schon mal gehört, doch was beinhaltet es und wie kommt man daran.??

ich würde mich über eine Antwort freuen!

gruß....por968p

Themenstarteram 21. Juli 2014 um 11:47
Themenstarteram 21. Juli 2014 um 14:40

Im Anschluss an den Kaufberatungs-Klassiker "The Used 911 Story" hat sich im anglo-amerikanischen Raum die Sparte der PPI-Anbieter etabliert. Das sind Spezialisten, die eine sog. pre-purchase-inspection anbieten. Anscheinend läuft das Geschäft ziemlich gut, weil die Masse der gebrauchten 911er so schlecht ist, dass man das Risiko von exorbitanten Folgekosten nicht mehr vernünftigerweise eingehen kann. Manchmal frage ich mich, ob in Deutschland nur Import-Fahrzeuge angeboten werden, die in Amerika durch jede PPI gefallen sind.

Themenstarteram 23. Juli 2014 um 7:11

Immer wieder schön: http://www.iww.de/quellenmaterial/id/102545

Interessant ist dabei nicht nur der Eintrag "Oldtimer mit Macken", sondern auch, dass das Gericht das Classic-Data Witzgutachten zum Nachteil des Käufers berücksichtigt hat.

Besonders lustig ist in diesem Zusammenhang auch das erstinstanzliche Urteil einer Richterin (Betonung auf Frau), die der Meinung war, eine Verkaufslackierung könne im Hochpreissegment durchaus wertsteigernd sein: http://www.iww.de/quellenmaterial/id/1929

Das alles zeigt nur, dass Richter bisweilen weltfremd im Elfenbeinturm ihren Dienst tun und dabei keinerlei Verständnis für die Situation zeigen (können), in der sich ein Käufer im Oldtimersegment befindet. Für Händler heißt das: Feuer frei! Lügen und Betrügen auf's Teufel komm raus. Es ist halt kein Neuwagen!

Die Moral von der Geschichte dürfte sein, dass ein Porschekauf ohne PPI als Verschulden gegen sich selbst (diligentia quam suis) eingestuft werden kann. Wer solche Fahrzeuge nach einer oberflächlichen Besichtigung kauft und sich dabei vom Händler zulabern lässt, ist selbst schuld.

Zitat:

Original geschrieben von RNeville

.... und der Motorrevision (für 2.800 €).

Für 2800 Euro kann man bei Porsche den Motor noch nicht mal im Ansatz revidieren!

Eine kompeltte Motor Revision kostet zwischen 12000 und 15000 Euro.

Eine Inspektion für deises Modell kostet im PZ beispielsweise schon ca.1200 Euro!

Themenstarteram 23. Juli 2014 um 7:46

Das habe ich dem Kollegen auch gesagt, aber zuckte nur mit den Schultern.

Angepriesen wurde der Wagen übrigens mit "das Fahrzeug befindet sich in einem neuwertigen Zustand". Ich weiß ich nicht, worunter ich das abbuchen soll, Humor ist es jedenfalls nicht. Jedenfalls hat der Händler den Wagen mittlerweile von den Verkaufsportalen genommen und bietet ihn aktuell nur noch über seine Webseite an.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass mir von einem anderen Händler ein weiterer Wagen mit "Motorrevision" angeboten wurde. Als Beleg dafür dietne die Teileliste, die eigentlichen Arbeiten habe der Vorbesitzer in den USA angeblich in Eigenregie ohne Rechnung durchgeführt.

Anmerkung: Wer auch mal eine Motorrevision auf dem Papier durchführen möchte, die Teileliste inkl. Preise gibt es hier http://www.amazon.de/.../ref=sr_1_2?...

am 23. Juli 2014 um 9:42

Dank an den TE für diese ausführlichen Beschreibungen. Wahrlich kein "Werbeblog" für die älteren 911er, insbesondere die mit USA-Geschichte. Ich hatte in letzter Zeit auch immer wieder auf den entsprechenden Portalen gestöbert. Da ich das Auto aber zumindest an den WoEnden zum zuverlässigen Fahren brauche, lasse ich mal lieber die Finger davon. Und bleibe bei meinem 987er aus 2005. (Erstbesitz und ohne jede Macke)

Themenstarteram 24. Juli 2014 um 11:58

99% der angebotenen Fahrzeuge dürften sich im "verbrauchten" Zustand befinden und stehen damit kurz vor massiven Folgeinvestitionen. Andere Fahrzeuge sind mir im Segment 30.000-35.000€, was einem SC bzw. Carrera im Zustand 2 enspricht, jedenfalls noch nicht angeboten worden. Was die jeweilige Story anbetrifft, so sind mir dabei grunsatzlich die folgenden beiden Varianten aufgefallen:

Die typische Story von privat ist der Ankauf eines US-Reimports im Jahr 2012-2013, dann kommt eine Reihe von Investitionen, gefolgt von einer Exit-Strategie im Sommer 2014. Letztlich gefahren wurde die Wagen in diesem Zeitraum vielleicht 1000 km.

Alternativ sind die deutschen Erstzulassungen, die sich mehrere Jahre lang in einer Hand befinden und nun fast punktgenau zum 200.000 km abgestoßen werden. Diese Entscheidung erfolgt regelmäßig nach einem Werkstattbesuch oder einer großen Inspektion. Welche Details der Besitzer dort über sein Fahrzeug erfahren hat, wird jedoch regelmäßig nicht mitgeteilt.

Kurz gesagt: Ich gehe bei den aktuellen Angeboten pauschal von komplettem Schrott bis hin zum Betrugsversuch aus und versuche, mich schrittweise und systematisch vom Gegenteil zu überzeugen. Bislang ist mir das bei noch keinem Fahrzeug gelungen. Sollte es ein Fahrzeug mal durch die erste Sichtkontrolle schaffen - war bislang auch nicht der Fall - werde ich den Wagen im PZ checken und in jedem Fall einen Druckverlusttest durchführen lassen. Die Chancen, dass ich unter diesen Voraussetzungen jemals einen solchen Kauf tätigen werde, dürften demnach bei Null oder zumindest sehr nah dran liegen. Auf der anderen Seite sehe ich nicht ein, warum man bei einer solchen Investition nicht nach "Due Diligence"-Kriterien verfahren sollte. Es kann natürlich auch daran liegen, dass mir als Rechtsanwalt, wenn es um's Geld geht, einfach berufsbedingt die nötige Naivität fehlt.

Kauf Dir eine vom Blech her gute unrestaurierte! Substanz mit kleinen optischen Macken, damit Du sehen kannst, was Dich erwartet.

Plane eine Revision von Motor u. Getriebe etc. über kurz oder lang ein und mache auf jeden Fall die Bremsen komplett neu, wenn Du entspannt sicher fahren willst.

Ich kaufe bei Oldtimern und alten Häusern lieber ehrlich unrestauriertes als pinselsaniertes. Macht mehr Arbeit, aber ich weiß am Ende was ich habe und teurer ist es selten.

Grüße Michael

Themenstarteram 28. Juli 2014 um 19:10

Gibt es nicht! Du bekommst nur völlig verbrauchte Fahrzeuge ab 25.000 € aufwärts. Die 1-2 Restaurationsobjekte, die angeboten werden, sind nicht mal zum Ausschlachten geeignet. Dasselbe gilt übrigens auch für 964 und 993. Alles, was du kaufen kannst hat eine Motorlebensdauer verbraucht und wird punktgenau abgestoßen, damit du die Revision durchführen kannst.

Nachdem ich fast ein Jahr lang 3 Marken und 5-6 verschiedene Bautypen beobachtet habe, bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass mobile.de ein gewaltiger Schrottplatz ist, wo nur kompletter Müll angeboten wird. Ich stelle die - nicht gewagte - These auf, dass es dort kein einziges vernünftiges Fahrzeug gibt. Technische Totalversager bekommt man nachgeschmissen und die wenigen ansatzweise brauchbaren Fahrzeuge sind preislich zwischen 25-100% übersetzt.

Themenstarteram 28. Juli 2014 um 19:23

Nachtrag: Die Erkenntnis lautet, dass man aktuell wohl nur ein späteres Modell 964/993 kaufen kann. Dort muss man, wie beim G-Modell, zwar auch mit einer Motorrevision rechnen, aber wenigstens ist bei diesen Fahrzeugen die Karrosserie besser erhalten.

Dass man beim G-Modell 35k hinblättern soll für einen Wagen, der einem unter'm Hintern wegrostet bzw. bereits weggerostet ist, habe ich sowieso nie verstanden. Genausowenig verstehe ich, dass erst mit dem 964 Innenkotflügel verbaut wurden. Das Rostproblem an den Kotflügeln kannte ich bereits vom VW 1600 meiner Mutter aus 1973 und es haftet grundsätzlich allen Käfervarianten an. Sowas muss Porsche in der Preisklasse einfach früher als 1989 abstellen. Alles andere ist nicht nur unverständlich, sondern aus meiner Sicht grob fahrlässig.

Zitat:

Original geschrieben von RNeville

Nachdem ich fast ein Jahr lang 3 Marken und 5-6 verschiedene Bautypen beobachtet habe, bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass mobile.de ein gewaltiger Schrottplatz ist, wo nur kompletter Müll angeboten wird. Ich stelle die - nicht gewagte - These auf, dass es dort kein einziges vernünftiges Fahrzeug gibt. Technische Totalversager bekommt man nachgeschmissen und die wenigen ansatzweise brauchbaren Fahrzeuge sind preislich zwischen 25-100% übersetzt.

Die Autos welche du suchst sind 25-30 Jahre alt,dann können auch Porsche rosten und die Motoren müssen revidiert werden weil die angegebenen Laufleistungen meistens nicht stimmen und die Autos wesentlich mehr gelaufen haben!

Und genau das ist der Grund weshalb gute ehrliche Fahrzeuge heute schon mehr als 35000 Euro kosten und jedes Jahr teurer werden weil sich die Anzahl dieser Fahrzeuge von Jahr zu Jahr reduzieren wird.

 

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